: Deine Stimme gegen Armut
Als Teil einer internationalen Bewegung versucht die Initiative, das welt-weite Armutsproblem im öffentlichen Bewusstsein zu halten und die Politik zum Handeln zu bewegen
Mit ernster Miene schaut „Tatort“-Kommissarin Eva Mattes in die Kamera. Hinter ihr ist ein Leichenumriss auf den Boden gezeichnet. Drei Sekunden vergehen, dann schnippt sie. Bildwechsel. Man schaut in die Augen von Harald Krassnitzer, dem „Tatort“-Kommissar aus Wien, auch er wartet drei Sekunden, dann schnippt er. Wenig später wird auch Mattes’ Kollege aus Konstanz, Sebastian Bezzel, in die Kamera schnippen. Eine Stimme aus dem Off erklärt: „Jede drei Sekunden stirbt ein Kind an den Folgen extremer Armut.“
Mit ihrem Werbespot, an dem sich insgesamt zwölf Kommissare der Fernsehreihe „Tatort“ beteiligten, will die Initiative „Deine Stimme gegen Armut“ vor dem Weltarmutsgipfel am 20. September in New York mobilmachen. „Die Politik soll sehen, dass wir es ernst meinen“, erklärte Schlenker, Koordinator der Aktion, im Gespräch mit der taz.
Auf dem Gipfel wollen VertreterInnen der Verneinten Nationen über die Umsetzung der vor zehn Jahren verabschiedeten sogenannten UN-Millenniumserklärung beraten. In dieser hatten alle 189 Mitgliedsländer beschlossen, bis 2015 unter anderem Armut und Hunger auf der ganzen Welt zu beseitigen, eine Grundschulbildung für alle Kinder zu ermöglichen und die Kindersterblichkeit zu senken.
Um Druck zu machen, damit die Politik ihre selbstverständlichen Versprechen auch wirklich einhält, gründeten der „Verband Entwicklungspolitik Deutscher Nichtregierungsorganisationen“ (VENRO), der Musiker Herbert Grönemeyer und VertreterInnen aus der Medienbranche 2004 die Initiative „Deine Stimmt gegen Armut“ als Teil der internationalen Bewegung „Global Call to Action Against Poverty“ (GCAP).
Der Legende nach führte Grönemeyer ein Telefonat mit Bono, dem Sänger der Irischen Rockband U2, der ebenfalls äußerst engagiert im Kampf gegen Kinderarmut ist, in dem dieser bat, die Initiative ins Leben zu rufen. „Wir haben seit 2005 einiges erreicht“, bilanzierte Schlenker. Zum einen wurde die Hilfe für Entwicklungsländer aufgestockt, zum anderen werde man von der Politik gehört. Während des G-8-Gipfels 2007 in Heiligendamm empfing Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) VertreterInnen zu einem Gespräch, bevor in Rostock ein großes Konzert begann, bei dem 80.000 Zuschauer KünstlerInnen aus der ganzen Welt umjubelten.
Am Beispiel der Aktivitäten von Heiligendamm lassen sich sehr gut die beiden Betätigungsfelder der Aktion festmachen: Während sie durch VENRO auf der einen Seite Treffen mit PolitikerInnen organisiert oder ihnen Briefe schickt, ist sie auf der anderen Seite ebenfalls sehr viel auf der Straße aktiv. Am 8. Juni 2010 organisierte sie beispielsweise Flashmobs in fünf deutschen Städten und sammelte seit 2005 über 1,2 Millionen Unterschriften.
In diesem Jahr sei der Leichenumriss das zentrale Kampagnensymbol, erklärte Schlenker. Dieser stehe sinnbildlich dafür, dass alle drei Sekunden ein Kind an den Folgen extremer Armut stirbt. Um die Menschen daran zu erinnern und dieses Sterben auch in Deutschland plastisch zu machen, hat es sich die Aktion zur Aufgabe gemacht, das Symbol in Form von Aufklebern zu verbreiten. Es taucht zudem immer wieder in Verbindung mit anderen Aktionen auf.
Auch insgesamt würde sich die Initiative über selbstständig initiierte Aktionen freuen, etwa weitere Flashmobs. Es würde sogar reichen, die Menschen im eigenen Umfeld dazu zu bewegen, ihre Stimme gegen Armut abzugeben. Aufkleber gibt es zum Beispiel beim Aktionsteam in der Chausseestraße in Berlin-Mitte. „Diesem wichtigen Thema muss gerade jetzt Gehör verschafft werden, damit es nicht zwischen Weltwirtschaftskrise und Fußball-WM vergessen wird“, fasst Schlenker noch einmal zusammen. In Vorbereitung auf den Gipfel im September ruft die Aktion gemeinsam mit der UN-Millenniumskampagne zur Teilnahme an den weltweiten Aktionstagen „Stand Up & Take Action“ vom 17. bis zum 19.September. Bundesweit sollen Aktionen stattfinden. LUKAS DUBRO
■ im Netz: deine-stimme-gegen- armut.de