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Archiv-Artikel

Scheiben klirren für Dennis J.

RANDALE In Neukölln werden Schaufenster demoliert. Die Aktion sei eine Antwort auf Morde durch Polizisten, so ein Bekennerschreiben

Die Täter gehörten laut Polizei zu einer Gruppe von 30 bis 50 Personen, die grölend durch Neukölln zogen

Aus angeblicher Rache für Dennis J. haben Unbekannte in der Nacht zum Montag in Neukölln mehrere Scheiben von Banken eingeworfen. Außerdem wurden laut Polizei zwei Autos beschädigt. In einer E-Mail, die die taz erreichte, hat sich eine Gruppe namens „carlo giuliani“ zu den Anschlägen bekannt: „Diese Aktion ist eine Antwort auf die Hinrichtung von Dennis in Schönfließ und auf das Urteil gegen seine Mörder“, heißt es. Der Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen.

Der 26-jährige Autoknacker Dennis J. aus Neukölln war Silvester 2008 in dem brandenburgischen Örtchen Schönfließ von einem Berliner Polizisten erschossen worden. Der Schütze, der 36-jährige Berliner Polizeikommissar Reinhard R., wurde Anfang Juli vom Landgericht Neuruppin wegen Totschlags in minderschwerem Fall zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.

Wie die Polizei mitteilte, warfen am Sonntag gegen 23 Uhr mehrere, teilweise vermummte Unbekannte in der Weserstraße und am Kottbusser Damm Pflastersteine gegen die Scheiben von Bankfilialen. 17 Scheiben seien dabei beschädigt oder zerstört worden. Die Täter entkamen. Sie hätten zu einer Gruppe von 30 bis 50 Personen gehört, die grölend auf der Weserstaße in Richtung Kottbusser Damm gezogen seien. Dabei hätten sie auch Feuerwerkskörper auf die Fahrbahn geworfen. Sofort eingeleitete Fahndungsmaßnahmen seien ohne Erfolg geblieben, berichtete die Polizei in einer Presseerklärung.

Schon bei der Urteilsverkündung gegen den polizeilichen Todesschützen im Landgericht Neruppin war es zu Tumulten gekommen. Der Richterspruch sei viel zu milde, selbst für einen Einbruch bekomme man mehr, so der Tenor im Zuschauerraum. Nicht nur Neuköllner Freunde des Getöteten hatten den Prozess verfolgt, sondern auch Mitglieder der linken Szene. Eine Spontandemonstration in Neukölln am Abend nach der Urteilsverkündung war von der Polizei mit Pfefferspray und Schlagstöcken aufgelöst worden. Pressefotografen beschrieben das Verhalten der Beamten als ausgesprochen rabiat.

In der Bekenner-E-Mail der Gruppe carlo giuliani heißt es, die Aktion „ist unsere Antwort auf alle Morde durch Polizeibeamte“. Der 23-jährige Italiener Giuliani war 2001 in Genua bei einer Demonstration im Rahmen der Proteste gegen den G-8-Gipfel von einem Carabiniere erschossen worden.

Die Mail ist zudem als Kampfansage formuliert: „Eine größere Gruppe von uns ist angetreten, um die Polizei im Neuköllner Partykiez anzugreifen“. Als „Lockmittel“ habe man Banken „gesmasht“. Nach einer Viertelstunde sei man dann wieder abgezogen. „Die Bullen waren zu feige oder zu überrascht, um sich einer Konfrontation zu stellen“, so die Verfasser vollmundig.

PLUTONIA PLARRE