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Archiv-Artikel

US-Gericht kippt die Netzneutralität

INTERNET Anbieter Verizon siegt mit einer Klage – Verbraucherschützer auch in der EU sind alarmiert

Von SVE
„An den USA kann man häufig sehen, wohin die Reise geht“

FLORIAN GLATZNER, VZBV

BERLIN taz | Ein US-Berufungsgericht hat den Regeln zur Netzneutralität einen Dämpfer verpasst. Das Gericht in Washington gab dem Konzern Verizon recht, der gegen entsprechende Vorschriften der Aufsichtsbehörde FCC geklagt hatte. Die Richter waren der Ansicht, dass die Behörde mit den Vorgaben ihre Befugnisse überschritten habe.

Nach dem Prinzip der Netzneutralität soll jedes Datenpaket im Internet gleich behandelt werden – unabhängig davon, was es transportiert und wer Sender und Empfänger sind. Gesetzlich verankert ist das Prinzip allerdings nur in sehr wenigen Ländern, in der EU sind es laut der EU-Kommission Slowenien und die Niederlande.

Verbraucherschützer und Bürgerrechtler warnten nach dem Urteil vor drastischen Veränderungen. So sagte etwa Craig Aaron von der Nichtregierungsorganisation Free Press: „Große Konzerne können nun die Kommunikation blocken und diskriminieren, ganz wie sie wollen.“ Tim Wu, der als Erfinder des Begriffs Netzneutralität gilt, sprach im Blog der Washington Post von einer nie dagewesenen Situation. „Das heißt, dass etwa AT&T für seine Kunden die Serviceseite von T-Mobile sperren könnte.“

Verizon-Vizepräsident Randal Milch betonte hingegen: „Die Entscheidung wird Kunden nicht daran hindern, dass Internet so zu nutzen, wie sie es derzeit tun.“ Doch auch wenn die Entscheidung des Gerichts nicht dazu führt, dass Anbieter sofort ihre Praxis ändern – sie bedeutet Rückenwind für alle Kritiker der Netzneutralität. Vor allem Internetanbieter haben Interesse an einem Zweiklassensystem. Denn sie können so doppelt kassieren: Einerseits von den Kunden, andererseits von den Anbietern, die Inhalte bereitstellen. Das würde eine weitere Zentralisierung der Angebote fördern. Denn große Player wie Google können es sich leisten, für eine schnelle Durchleitung ihrer Inhalte zu zahlen. Kleine, alternative Angebote haben dagegen das Nachsehen.

„Auf Verbraucher hier hätte so eine Praxis in den USA keine direkten Auswirkungen, aber an den USA kann man häufig sehen, wohin die Reise geht“, sagt Florian Glatzner vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Im vergangenen Jahr machte die Deutsche Telekom bereits Schlagzeilen mit neuen Tarifen, die das Prinzip der Netzneutralität verletzt hätten. Erst nach Protesten ruderte das Unternehmen zurück. SVE