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Archiv-Artikel

Fairer Handel soll auch fair bleiben

Europa-Parlament will die Produzenten sozial und ökologisch hergestellter Waren gegen Missbrauch schützen

STRASSBURG taz ■ Der faire Handel in Europa nimmt zu. Um 20 Prozent jährlich wächst der Markt für Produkte aus armen Ländern, die dort nach sozialen und ökologischen Kriterien hergestellt wurden. Doch auch der Missbrauch des Qualitätsmerkmals „Fair Trade“ greift um sich. Manche Importeure werben für Produkte aus fairem Handel, ohne wirklich solche zu verkaufen. Solchen Täuschungen will das Europa-Parlament nun vorbeugen.

Gestern verabschiedeten die EU-Parlamentarier in Straßburg einen Bericht, den der Entwicklungsausschuss erarbeitet hatte. Die Abgeordneten forderten die EU-Kommission auf, eine klare Empfehlung zugunsten des fairen Handels zu veröffentlichen und die von der Fair-Trade-Bewegung entwickelte Definition zu übernehmen. Schließlich sei der faire Handel ein „wichtiges Mittel für die Bekämpfung der Armut und zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung“, betonte der Berichterstatter Frithjof Schmidt von den Grünen.

Fair-Trade-Produkte zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass die Produzenten Preise erhalten, die über dem Weltmarktniveau liegen. Außerdem werden langfristige Lieferverträge geschlossen, die Kleinbauern soziale Sicherheit bieten.

„Die Kommission muss jetzt klarstellen, dass öffentliche Institutionen auch bei Ausschreibungen Produkte aus fairem Handel bevorzugen dürfen“, fordert Anja Osterhaus, die in Brüssel das Büro der europäischen Fair-Trade-Organisationen leitet. Zwar bestellen schon heute manche Schulen und kommunale Einrichtungen entsprechende Produkte. Doch bisher bewegen sie sich damit in einer rechtlichen Grauzone. Denn viele öffentliche Beschaffer gehen davon aus, dass sie immer das preiswerteste Angebot auswählen müssen und die EU lediglich bei Ökokriterien Ausnahmen zulässt. Der zuständige EU-Handelskommissar Peter Mandelson bekundete gestern grundsätzlich seine Sympathie für den fairen Handel. Doch zugleich betonte er, der faire Handel sei kein „Allheilmittel“ und andere ethische Initiativen dürften nicht diskriminiert werden.

Im vergangenen Jahr wurden Waren aus fairer Produktion im Wert von 660 Millionen Euro in Europa verkauft. In einzelnen Ländern erreichen manche Produkte einen bedeutenden Marktanteil: Jede fünfte Tasse Kaffee in Großbritannien ist heute aus fairen Bohnen aufgebrüht. Vor fünf Jahren war es nur jede sechzigste. Auch jede zwanzigste Banane, die Belgier, Finnen und Briten 2005 gegessen haben, stammt aus Fair Trade.

Der unangefochtene Spitzenreiter beim fairen Handel ist allerdings ein Nicht-EU-Land: In der Schweiz geben die Bürger jährlich durchschnittlich 18,47 Euro für Waren mit dem schwarzblaugrünen Siegel aus. In Deutschland sind es dagegen nur 70 Cent – was weniger als der Hälfte der europäischen Durchschnittsausgaben entspricht.

Außer in Zypern und Estland gibt es in jedem EU-Land Initiativen für den fairen Handel – wenn auch oft noch sehr kleine. In Danzig tüfteln 24 Ehrenamtliche an einem Importkonzept für Polen. Die Litauer können bisher nur eine faire Kaffeesorte genießen, die aus Großbritannien geliefert wird. In der slowenischen Hauptstadt Ljubljana gibt es dagegen immerhin schon einen Weltladen, für den die Stadt die Miete zahlt. Betrieben wird das moderne Geschäft von einer slowenischen Menschenrechtsorganisation. ANNETTE JENSEN

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