: Eine Zeitung erfindet sich neu
NEUGRÜNDUNG Nach dem Ende der traditionsreichen „Harburger Anzeigen und Nachrichten“ bringt deren Ex-Mitarbeiter Peter Noßek das „Harburger Blatt“ heraus
Als die Lokalzeitung Harburger Anzeigen und Nachrichten (HAN) am 30. September 2013 nach 169 Jahren eingestellt wurde, kam das für Peter Noßek einer Katastrophe gleich. Nicht nur, weil der 54-jährige Fotograf und Journalist 18 Jahre lang für die HAN als freier Mitarbeiter tätig war. Die Einstellung der Zeitung traf ihn auch als Harburger. „Wir Harburger haben immer unser eigenes Blatt gehabt“, sagt Noßek, „und das muss auch so bleiben!“
Wie Wilhelmsburg liegt auch Harburg vom Rest Hamburgs aus gesehenen auf der anderen, südlichen Elbseite. Und auch wenn es seit 1937 zu Hamburg gehört, so hat sich doch eine eigene Lokalidentität erhalten. Noßek, in Zimmermannshose und jugendlicher Kapuzenjacke, erklärt das so: „Der Harburger ist anders als der Hamburger.“ Und zwar? „Ländlicher.“
Um den Harburgern ihre eigene Zeitung zurückzugeben, hat Noßek eine eigene Zeitung gegründet: das Harburger Blatt, eine Zeitung „von Harburgern für Harburger“. Zusammen mit elf Mitstreitern, darunter Künstlern, Journalisten, Rechts- und Vertriebsexperten will er damit der Zeitungskrise trotzen.
Alle zwei Wochen soll das Harburger Blatt erscheinen, ausschließlich in gedruckter Form. Wenn Noßek von seinem Zeitungsprojekt spricht, dann lächelt er beseelt. Sein Harburger Blatt soll mehr sein als eine Zeitung, mit der nachher die Schuhe ausgestopft werden. „Jede Ausgabe muss so schön und einzigartig sein, dass man die Zeitung aufbewahren möchte“, sagt Noßek und zeigt auf den von Tattoo-Künstler Bernd Muss entworfenen Zeitungskopf, auf dem die für Harburg typischen Wegmarken zu sehen sind.
Zwei Mal ist das Harburger Blatt bereits erschienen. Künftig, sagt Noßek, soll jede Ausgabe anders gestaltet werden als die vorhergehende. Die dritte Ausgabe, Auflage: 10.000, soll als Besonderheit vier leere Seiten beinhalten – als Symbol dafür, „dass aller Anfang leer“ sei. Die leeren Seiten, da ist sich Noßek sicher, würden „in Harburg Stadt und Land mehr bewegen als Vollgeschriebenes“.
Die dritte Ausgabe soll sich mit zwölf Seiten und einer Papierstärke von 70 Gramm dem typischen Zeitungsformat nähern, später sollen unzählige weitere folgen. Im Moment können Noßek und seine Mitstreiter noch nicht von der Zeitung leben, doch Noßek hofft in den Worten seines Vorbildes Carl Hergeröders, des Gründers der HAN, dass „die geneigte Leserschaft ihm wohlmeinende Unterstützung geben“ wird; und dass er mit seinem an Facebook orientierten Anzeigenkonzept – jede Anzeige in der Randspalte ist gleich groß – genügend Kunden gewinnen kann, die bei ihm inserieren. DARIJANA HAHN