: Innensenator in Feindesland
HENKEL UND KREUZBERG
Kreuzberg ist für den CDU-Innensenator ein heißes Pflaster. Jahrelang hatte Frank Henkel in der Opposition mit Hardliner-Forderungen von sich reden gemacht. Wie er nun, in Amt und Würden, mit dem anarchisch veranlagten Bezirk und seinen Gepflogenheiten umgeht, entscheidet auch über sein politisches Ansehen in konservativen Kreisen. Dort fragt man sich: Kann Henkel Worten Taten folgen lassen?
Der Innensenator setzt dabei offenbar auf eine doppelte Strategie. Beispiel Görlitzer Park: Die steigende Zahl an Dealern, die an den Eingängen und Wegen vor aller Augen ihre Geschäfte abwickeln, müssten für einen CDU-Innensenator eigentlich nicht hinnehmbar sein. Henkel weiß das. Und brüstet sich mit den vielen Polizeieinsätzen im Görli. Was die bringen, interessiert ihn aber offenbar nicht. Jedenfalls konnte er auf eine Kleine Anfrage der Grünen dazu keinerlei Auskunft geben.
Warum sollte Henkel auch wirklich gegen die Drogenverkäufer vorgehen? Rund um den Görlitzer Park liegt der Anteil der CDU-Wähler bei zwei und vier Prozent. Henkel hat hier rein gar nichts zu verlieren. Wenn der Cannabisverkauf an einen anderen Ort verdrängt würde, könnte das schon ganz anders aussehen. Für Henkel ist es also opportun, im Görli Aktivismus vor allem vorzutäuschen.
Möglicherweise wäre das auch eine kluge Strategie gewesen für den Umgang mit dem Oranienplatz. Doch Henkel hat sich entschieden, dort Härte zu zeigen. Mit der Ankündigung einer Räumung des Flüchtlingscamps setzte er sich selbst unter Zugzwang. Die SPD verhinderte eine Eskalation. Doch schon am Dienstagabend verkündete Henkel erneut eine Frist: Er halte an seiner Räumungsabsicht fest, sagte er. Die Gespräche mit den Flüchtlingen müssten bis Ende März abgeschlossen sein.
Sollte es bis dahin keine gütliche Einigung geben, kommt es zur ersten echten Kraftprobe mit der linken Szene. Zustände wie am 1. Mai gibt es dann schon ein paar Wochen vor dem Tag der Arbeit – und nicht mehr nur auf einen Abend beschränkt. Für Henkel eine ziemlich riskante Sache. Denn sollte ihm die Situation entgleiten, verliert er bei allen – besonders aber bei den Anhängern einer Law-and-Order-Politik, die jetzt nach einer Räumung rufen. ANTJE LANG-LENDORFF