: Deutsche Agrarmillionäre bleiben geheim
Der Bundesrat will verhindern, dass die Europäische Union Transparenz bei den Agrarsubventionen erzwingen kann
BERLIN taz ■ Welcher Bauer bekommt in Europa wie viele Agrarsubventionen? Die EU will mehr Transparenz herstellen, aber die Bundesländer sträuben sich. Gestern forderte der Bundesrat die Bundesregierung auf, sich in Brüssel gegen eine umfassende Offenlegung einzusetzen. In einem Entschließungsantrag heißt es, dass keinesfalls eine Verpflichtung geschaffen werden solle, „Namen und Förderbeträge einzelner Begünstigter“ zu veröffentlichen.
Andere Länder sind nicht so zimperlich. Elf EU-Mitgliedsstaaten geben bereits Informationen über die Subventionsempfänger heraus. Die Dänen etwa wissen sehr wohl über die Zuwendungen an den Mann von EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel Bescheid: Bis vor kurzem erhielt er genau 52.454 Euro. Auch in Großbritanien herrscht Transparenz: Prinz Charles bekam 2003/04 224.747 Euro für sein Gut Highgrove und seine Besitzungen in Cornwall. Und in den Niederlanden kann sich jeder informieren, wie viel der Schweizer Lebensmittelriese Nestlé dort von der EU kassiert: 589.572 Euro waren es 2004.
Mehr als 40 Milliarden Euro gibt die EU jedes Jahr für ihre Agrarpolitik aus. Davon gehen 6 Milliarden Euro an rund 334.000 Empfänger in Deutschland. Doch Bund und Länder geben bislang keinerlei konkrete Informationen über die Nutznießer heraus. „Die Landesfürsten halten ihre schützende Hand über die Hauptprofiteure von EU-Fördermitteln“, schimpft Marita Wiggerthale, Handelsexpertin der unabhängigen Organisation Oxfam.
Besonders pikant ist das bei den laufenden Verhandlungen in der Welthandelsorganisation (WTO), die kurz vor dem Abbruch stehen. Da wird zwar eifrig über den Subventionsabbau gestritten, aber die Empfänger sind auch dort meist anonym. Daher ließen sich die Beihilfen auch nicht nach sozialen und ökologischen Kriterien umschichten, kritisiert die „Initiative für Transparenz bei EU-Agrarsubventionen“, die aus 30 Umwelt- und Entwicklungsorganisationen besteht.
Anders als der Bundesrat gibt sich das Bundeslandwirtschaftsministerium innovativ: „Wir sind für Transparenz bei allen Subventionen“, erklärt ein Sprecher. Doch dann folgt die Einschränkung: „Es ist noch zu klären, wie dabei die Persönlichkeitsrechte zu wahren sind.“ Im Klartext: Es kann durchaus sein, dass zwar demnächst Zahlungen über die Subventionshöhe veröffentlicht werden – aber leider nicht, wer sie erhält.
NICOLA LIEBERT