Saubere Schiffe vor weißen Stränden

Die erste deutsche Konferenz zum Grünbuch Meerespolitik der EU will mehr Ökologie – wenn sie sich rechnet

BREMEN taz ■ Patrick Wendisch hat noch Träume. „Saubere Schiffe vor weißen Stränden“, so stellt der Präses der Bremer Handelskammer sich die Zukunft der europäischen Meere vor. Über die Realisierung dieser Vision allerdings gibt es erheblichen Diskussionsbedarf – wenigstens ein Ergebnis des ersten deutschen Forums zum Grünbuch Meere der EU-Kommission gestern in Bremen.

Dessen „wichtigstes Anliegen“, so Paul Nemitz, Generaldirektor Fischerei und Maritime Angelegenheiten der EU-Kommission, sei „Nachhaltigkeit“. Ein schonender Umgang mit den Meeren müsse für „Umweltschutz, wirtschaftliches Wachstum und sozialen Wohlstand“ zugleich sorgen. Und das gehe am besten dadurch, so Nemitz, „Nachhaltigkeit mit wirtschaftlichen Argumenten zu begründen“.

Genau das ist der rote Faden des Grünbuchs Meere, das EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Fischereikommissar Joe Borg am 7. Juni vorgestellt hatten. Auf 55 Seiten wird darin die Notwendigkeit einer „ganzheitlichen Sicht“ auf die Meeresumwelt begründet. In einem europaweiten Diskussionsprozess soll binnen eines Jahres ein neues Papier mit konkreten Handlungsempfehlungen entstehen, wie Europa „seine Beziehungen zum Meer verbessern“ solle. Enden soll die Debatte auf einem internationalen Forum unter Leitung der deutschen EU-Präsidentschaft am 2. und 3. Mai 2007 wieder in Bremen.

Ein „integrierter Politikansatz ist ja schön und gut“, findet auch Wendisch, dessen Bremer Kammer federführend die Stellungnahme der deutschen Industrie- und Handelskammern zum Grünbuch formulieren wird. „Aber neue Regularien aus Brüssel“ seien kontraproduktiv. Es sei denn, sie würden „Wettbewerbsnachteile“ verhindern.

So sei es möglich für deutsche und europäische Werften, „Null-Emissions-Schiffe“ zu bauen. „Die Technologie können wir“, behauptete Wendisch – allerdings sei sie im weltweiten Wettbewerb leider „nicht marktfähig“. Deshalb müssten international höhere Umweltstandards her, um die Schifffahrt „noch ökologischer zu machen und Arbeitsplätze in der Hochtechnologie zu schaffen“.

Das Prinzip, „Stärken zu stärken“, hält auch Nemitz für richtig. Doch auch hier gebe es Debattenbedarf. Nach einer französischen Studie sei das Potenzial für Wohlstand durch Wachstum „in den Küstenregionen der EU deutlich höher als im Binnenland“, zitiert Nemitz. „Wir glauben das“, ohne dies mangels ausreichender Datenerhebungen belegen zu können. Schiffbau, Schifffahrt und Fischerei, vor zehn Jahren noch die wichtigsten Sektoren, hätten jedoch deutlich an Bedeutung verloren. Inzwischen sei der Tourismus „der mit Abstand wichtigste Wirtschaftszweig an Europas Küsten geworden“. Umso mehr wachse die Bedeutung des Meeresschutzes zum Geldverdienen.

Denn daran lässt das Grünbuch der EU-Kommission schon in seiner momentanen vorläufigen Form keinen Zweifel: Ökologisch geschützt werden soll vornehmlich, was sich auch ökonomisch rechnet. SVEN-MICHAEL VEIT