: Gesunde Skepsis
Experten glauben nicht, dass der Gesundheitsfonds bis 2008 realisierbar ist. Zweifel bei den Krankenkassen
BERLIN taz ■ Als bürokratisches Monster und Scheininnovation wurde der Gesundheitsfonds seit seiner Bekanntgabe bezeichnet, nun entpuppt er sich womöglich als Rohrkrepierer. Der SPD-Abgeordnete Karl Lauterbach, der das Eckpunktepapier zur Gesundheitsreform mit erarbeitet hatte, meldete öffentlich Zweifel an, ob der Fonds wie geplant eingeführt werden kann. Ab 2008 sollen die Beiträge der gesetzlich Versicherten in den Gesundheitstopf fließen und an die Kassen verteilt werden. Damit verlören die Kassen die Hoheit über den Beitragseinzug.
Die Regierung wies Zweifel gestern zurück: „Der Fonds kommt wie geplant 2008.“ Im Umkreis von Lauterbachs Parteikollegin, Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, hieß es wegwerfend: „Das ist der Kölner Professor, den niemand mehr ernst nimmt.“ Doch treffen die Äußerungen ihres ehemaligen Beraters Schmidt an empfindlicher Stelle. Der Fonds ist der Minimalkonsens, auf den sich SPD und Union in zähen Verhandlungen zur Finanzierungsreform des Gesundheitswesens einigen konnten – ein Scheitern käme einer gescheiterten Reform gleich.
Bis zum September will das Gesundheitsministerium das Fondsmodell in einen Gesetzentwurf gießen, doch die Hausaufgaben in der Sommerpause sind immens. So soll der Fonds nach dem Prinzip arbeiten, dass Kassen mit mehr kranken Mitgliedern mehr Geld aus dem Topf erhalten als Kassen, die weniger kranke Versicherte betreuen. Der so genannte morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich soll laut Gesetz aber erst 2009 eingeführt werden. „Vielleicht kommt er früher“, heißt es im Gesundheitsministerium lapidar.
Ein weiteres Hemmnis sind die Krankenkassen, auf deren Hilfe das Gesundheitsministerium setzt. Aus dem Ministerium verlautet, zunächst sollen dieselben Mitarbeiter, die bisher die Beiträge eingezogen haben, dies auch weiterhin tun, aber dann zum Wohle des Fonds und als regionale Einzugsstellen. „Es wird keine zusätzliche Behörde geschaffen“, verspricht das Ministerium. Das würde bedeuten, dass die Kassen zwar die Mitarbeiter bezahlen, aber die Macht über die Beiträge verlieren. Die Bereitschaft, den Fonds zu fördern, ist entsprechend gering. Der Chef der mitgliederstärksten Krankenkasse AOK, Hans-Jürgen Ahrens, drohte gestern im Handelsblatt, er werde die gesamte Reform in ihrer Wirkung torpedieren. Die Sprecherin der Barmer Krankenkasse, Susanne Uhrig, meint: „Angesichts der Komplexität des Beitragseinzugs kann man nur gesunde Skepsis darüber äußern, dass der Fonds bis 2008 umgesetzt wird.“ ALE