: Nach der Dürre kam die Flut
Unwetter mit großen Regenmengen führen zu Ausnahmezustand in Berlin. Ein Haus in Lichtenberg drohte abzusacken und wurde evakuiert. In Brandenburg wurde gar ein Mann vom Blitz erschlagen
von RICHARD ROTHER
Wochenlang hatte es nicht geregnet, dann schüttete es am Wochenende wie aus Kübeln. Teilweise gab es innerhalb weniger Stunden mehr Niederschlag als sonst in einem ganzen Monat. Das Ergebnis: überschwemmte Fahrbahnen, voll gelaufene Tunnel und dichter Regen, der den Autofahrern die Sicht nahm. Auf vielen Straßen der Hauptstadt ging nichts mehr, hunderte Keller liefen voll. Das Stromnetz brach teilweise zusammen. Allein im Bezirk Charlottenburg waren rund 1.750 Haushalte für mehrere Stunden ohne Strom, weil Wasser in zwei Netzstationen eingedrungen war.
Hunderte Rettungskräfte der Feuerwehr, der Polizei und des Technischen Hilfswerkes rückten am Samstag zwischen 7 und 12 Uhr zu rund 1.000 Einsätzen im gesamten Stadtgebiet aus. Die Berliner Feuerwehr rief wie schon am Vorabend den Ausnahmezustand aus. Über Verletzte und die Höhe des Sachschadens gab es keine Angaben. Die Avus – die größte Zufahrtsstraße im Südwesten Berlins – war am Samstag überschwemmt und musste stadteinwärts für mehrere Stunden gesperrt werden. Andere Fahrbahnen brachen unter der Wasserlast zusammen und sanken ab.
Besonders schwer traf es die 46 Bewohner eines sechsstöckigen Wohnhauses im Stadtteil Lichtenberg. Sie mussten am Samstag ihre Wohnungen räumen, weil das Haus nach Angaben der Feuerwehr komplett unterspült und einsturzgefährdet war. „Wir saßen gerade am Frühstückstisch, als das Haus evakuiert wurde“, sagte eine Mieterin. Ihr blieb nur wenig Zeit, ihre zehnjährige Tochter, die zwei Katzen und ein paar Habseligkeiten zusammenzupacken. „Wir werden jetzt erst einmal zu Verwandten ziehen“, sagte die Mutter. Heute soll laut Feuerwehr ein Statiker die Situation beurteilen.
Schon am Freitag hatte das Wasser auf vielen Straßen kniehoch gestanden. Wegen der Regenmassen musste das deutsch-afrikanische Konzert auf der WM-Fanmeile vor dem Brandenburger Tor ausfallen. Auch der U-Bahn-Verkehr war zeitweise unterbrochen, nachdem sich die Treppen zu einigen Bahnhöfen in regelrechte Wasserfälle verwandelt hatten.
In Brandenburg ist bei den heftigen Regengüssen und Gewittern ein Mensch ums Leben gekommen. Ein 47-jähriger Mann wurde am späten Freitagabend in Eichwalde (Landkreis Dahme-Spreewald) vom Blitz erschlagen. Eine Untersuchung habe Zweifel an der Todesursache ausgeräumt, teilte die Polizei mit.
Wie Berlin hatte auch die brandenburgische Landeshauptstadt Potsdam mit den Wassermassen zu kämpfen. So waren hier am Samstag einige Straßen stundenlang nicht passierbar. In den anderen Landkreisen versickerte das Wasser im Boden, ohne nennenswerte Schäden anzurichten. In den Landkreisen Oder-Spree und Märkisch-Oderland wurden bei dem Unwetter allerdings mehrere Bäume umgeknickt. Nach Angaben der Leitstelle Oderland mussten die Einsatzkräfte mehrere blockierte Straßen frei räumen.
Für die nächsten Tage erwarten die Meteorologen ruhiges Hochsommerwetter, bei dem es allenfalls zur Wochenmitte ein vorübergehende leichte Abkühlung geben könnte.