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AGENTUR Eigentlich hat die WAZ der dpa gekündigt. Aber für den Chef macht sie eine Ausnahme

Während die neuen Mächte namens dapd, ddp, apn oder wie immer das eben zusammengezimmerte Nachrichtenagentur-Konvolut aus dem Hause Vorderwülbecke/Löw heißt, sich weiter dran schickt, am Stuhl der Deutschen Presseagentur zu sägen, tat sich vor gut zwei Wochen eher unbemerkt Erstaunliches:

Die Essener WAZ-Gruppe, 2009 mit ihrer Kündigung sämtlicher dpa-Dienste zum offiziellen Hauptverräter an der genossenschaftlichen Nachrichtenbeschaffung der deutschen Presse aufgestiegen, druckte in ihren Blättern Ende Juni – dpa. Und zwar nicht nur mit dem offiziellen Segen von Verlagsspitze und Zentralchefredakteur Ulrich Reitz. Nein, den Blättern wurde die Meldung dpa jyr yynwd a3 sogar wärmstens empfohlen.

Die eher profane Auflösung: Es handelte sich um ein dpa-Interview mit einem gewissen Christian Nienhaus. Und die aufregenden Sentenzen („Das Endgerät Zeitungspapier hat Zukunft!“) ihres Geschäftsführers konnte und wollte die WAZ-Gruppe dann doch nicht ignorieren. So brachten diverse WAZ-Titel das „Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa, die uns dieses Interview zur Verfügung gestellt hat“.

Bei der dpa selbst mag niemand den WAZ-Rückfall als neues Tauwetter werten, man „zeige, dass wir professionell miteinander umgehen“, sagt dpa-Sprecher Justus Demmer knapp. Damit kann er allerdings nicht die Internetseiten der WAZ-Ableger in Thüringen gemeint haben: Da hat es nämlich nicht mal für den dpa-Hinweis beim Interview gereicht, aber das nur am Rande.

Wobei ein Schlenker zum Berliner Tagesspiegel an der Zeit ist: Der hatte angekündigt, ab 2011 auf dpa zu verzichten, weil deren neue Redaktionszentrale bei Springer als Mieter untergekrochen ist. Das vertrage sich nicht mit der Unabhängigkeit der Agentur. Dazu stehe man weiterhin, aber bis dahin sei ja noch etwas Zeit, sagt Chefredakteur Lorenz Maroldt nun. STG