: berliner szenen Kunst zum Snoozeln
Gurren statt revoluzzen
In vielen Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen gibt es einen Snoozelraum, ein heilungsunterstützender Ort der Entspannung, Massage für die Sinne. Dort hat es stimulierendes Werkzeug mit Noppen, ein Wasserbett und viele „Visuals“, auch esoterische Musik und Naturgeräusche. Die Aneignungstaktik der Zivis geht so weit, dass man gerade dort am liebsten kifft. Denn der dunkle, angenehm eingerichtete Raum macht ein rundum gutes Gefühl.
Wenn Ausstellungen einfach mal schön sein sollen, werden sie diesem Format angeglichen. Das ist anders, als Kunstwerke von Beuys hineinzustellen, aber die genauso sichere Nummer. Der 2. Stock in den Kunst-Werken ist so ein Fall, da kann man genau beobachten, wie ein Raumgefühl geschaffen wurde, das die sehr liebe Kunst darin eigentlich nur einbindet. Wenn man hier eine Glashaube hebt, kommt ein interessanter Geruch heraus. Süße Filmchen werden an die Wand gezaubert, das Licht durch getönte Scheiben verändert und in der Mitte des Raums steht ein Taubenkasten mitsamt Brieftauben. Das Gurren und Flattern trifft sich mit der minimalen Filmmusik zu einem verwunschenen Sound, noch unterstützt durch die konzeptionelle Arbeit aus dem Stockwerk darunter.
Die Besucher bleiben stehen, lauschen, schweifen davon. Es gibt viele, die sich an die Wand lehnen, als würden sie in ein Bett fallen, die Augen schließen und erleben. Nun schürt dies Gesamtkunstwerk nicht direkt revolutionäre Energie, eher geht es um esoterisches Wohlgefühl und darum, auf diffuse, doch angenehme Weise näher zu sich selbst zu kommen. Viele Besucher können damit nur schwierig umgehen, sie fallen oft um und man muss sie wieder aufstellen.
TIMO FELDHAUS