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Archiv-Artikel

US-Regierung vermutet Leck im Loch

ÖLKATASTROPHE Aussickerungen im Golf von Mexiko entdeckt. Sonderbeauftragter fordert rasche Information von BP

BP hat bisher 207 Millionen Dollar gezahlt, um Forderungen von Bewohnern aus der betroffenen Region nachzukommen

NEW ORLEANS apn/rtr/afp | Im Golf von Mexiko sickert offenbar trotz einer provisorischen Abdichtung erneut Öl aus dem Meeresboden. Der Sonderbeauftragte der US-Regierung für die Umweltkatastrophe, Thad Allen, forderte in einem Brief den BP-Konzern auf, die Überwachung vor Ort zu verstärken und ihn umgehend über neue Entwicklungen zu informieren. Sollte tatsächlich Öl austreten, müssten die Ventile der neuen Auffangglocke erneut geöffnet werden, damit die Lage nicht noch schlimmer und schwieriger zu kontrollieren wird.

BP müsse den Meeresboden genau beobachten und Erkenntnisse über ein Aussickern innerhalb von vier Stunden der US-Regierung melden, erklärte Allan in seinem Brief vom Sonntagabend. Sollte tatsächlich Öl austreten, müsse BP so schnell wie möglich einen Ablaufplan zur Öffnung der Ventile vorlegen. Ein BP-Sprecher wollte zu den Angaben keine Stellung nehmen. „Wir arbeiten weiter sehr eng mit den Wissenschaftlern der Regierung zusammen“, sagte Mark Salt.

Die Experten hatten zuvor festgestellt, dass der Druck, mit dem das Öl aus der Quelle in den Auffangtrichter sprudelt, geringer war als gedacht. Das könnte auf ein bisher unbekanntes Leck hinweisen oder ein Anzeichen sein, dass die Quelle schon teilweise erschöpft ist – das Ölfeld im Untergrund stünde dann nicht mehr unter so hohem Druck wie zu Beginn der Katastrophe. Ein Leck könnte jedoch den Meeresboden weiter destabilisieren.

BP hatte am Donnerstag die drei Ventile des Abdichtzylinders geschlossen und damit zum ersten Mal seit dem Beginn der Katastrophe vor drei Monaten das Auslaufen des Öls gestoppt. Die Tests an der Vorrichtung sollen zeigen, ob das Bohrloch und der Förderschacht dem durch das Verschließen der Ventile entstehenden Druck standhalten.

Der Ölkonzern und die US-Regierung sind sich derzeit nicht einig über die nächsten Schritte. BP hofft, den Austritt von Öl ins Meer mit Hilfe der inzwischen installierten riesigen Kappe bis zur endgültigen Abdichtung der Quelle zu blockieren. BP-Manager Doug Suttles sagte am Sonntag, das Öl müsse nicht zwangsläufig über eine Auffangvorrichtung abgepumpt werden. Dazu müssten erst die Ventile der riesigen Glocke geöffnet werden, um den Druck zu reduzieren und eine Leitung zu den Tankschiffen an der Wasseroberfläche anschließen zu können – wieder würde Öl drei Tage lang ungehindert ins Meer strömen. BP will vermeiden, dass solche Bilder erneut live im Internet zu sehen sind. Die Regierung will dagegen kein Risiko eingehen und das Öl abpumpen. Allan erklärte, das Öl solle über eine Steigleitung an die Oberfläche gebracht und dort von Schiffen aufgenommen werden.

Die Kosten der Ölkatastrophe im Golf stiegen unterdessen auf fast 4 Milliarden Dollar (3 Milliarden Euro). BP erklärte am Montag, bisher seien 207 Millionen Dollar gezahlt worden, um einzelnen Forderungen von Bewohnern der betroffenen Regionen nachzukommen. Bisher seien 116.000 Forderungen eingegangen, mehr als 67.500 Zahlungen seien geleistet worden. Die Kosten für die Arbeiten an dem defekten Bohrloch, Reinigungsarbeiten und Zahlungen an die US-Regierung beliefen sich insgesamt auf 3,95 Milliarden Dollar. Es sei noch zu früh, um die endgültigen Kosten zu schätzen. Aus dem Bohrloch waren seit dem Untergang der BP-Förderplattform „Deepwater Horizon“ am 20. April wohl hunderte Millionen Liter Öl in den Golf von Mexiko geflossen.