: Stress – Frage der Einstellung
SOZIOLOGIE Die Gesellschaft für Aktuelle Kunst (GAK) beschäftigt sich mit Frage der Zeitknappheit
■ ist Soziologin an der Universität Bremen mit dem Schwerpunkt Zeitforschung F.: privat
taz: Frau Schöneck-Voß, Sie reden über die Zeit – was ist das Problem?
Nadine Schöneck-Voß: Viele empfinden Zeitknappheit, haben das Gefühl, dass nie genügend Zeit da ist, um sich mit Aufmerksamkeit den Personen zu widmen, denen man sich widmen möchten.
Nehmen die sich zu viel vor?
Sicherlich. Uns stehen so viele Möglichkeiten offen, dass wir täglich Zeitverwendungskonflikte haben. In früheren Zeiten war doch vieles vorgegeben.
Das bedeutet: Wer wenig Alternativen hat, hat viel Zeit.
Naja, so einfach würde ich es nicht formulieren. Aber in der Tendenz ist es so: Je weniger Alternativen ich habe, desto weniger Zeit brauche ich schon in der Entscheidungsfindung. Es gibt einen Rechtfertigungszwang im Nachhinein, die Verantwortung für das eigene Leben ist gestiegen, wenn die Familie nicht die Laufbahn bestimmt.
Das ist der Preis Freiheit.
Ich verstehe meinen Vortrag auch nicht als Kulturkritik.
Haben Sie einen Tipp für die, die unter Zeitknappheit leiden?
Das ist eigentlich nicht die Aufgabe der Soziologie. Aber ich werde es oft gefragt. Klar ist, dass die Zeitknappheit eine Frage der persönlichen Einstellung ist. Manche haben eben die Ruhe weg, andere Klagen viel, auch wenn sie vergleichsweise wenig belastet sind. Gleichzeitig stellt sich je nach Lebenslage das Problem anders dar, natürlich haben zum Beispiel alleinerziehende Mütter eine viel größere Belastung.
Sie halten ihren Vortrag bei den Künstlern der GAK. die haben doch Zeit ohne Ende, oder?
Ich bin selbst gespannt. Die haben mich eingeladen. Int.: kawe
Zwischen Arbeit und Leben. Eine Zeit-Diagnose; 19 Uhr, Teerhof 21