: Weltraumelite gibt sich in Bremen die Ehre
COSPAR Alle zwei Jahre findet der weltweite Weltraumforscherkongress statt – diesmal in Bremen. Die Astrophysiker gestehen, dass sie noch ganz wenig begreifen von dem, was im Universum vor sich geht
Cospar sei ein „Marktplatz der internationalen Weltraumwissenschaft“, sagt der Chef des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Johann-Dietrich Wörner – und dieser Markt wird derzeit im Bremer Kongresszentrum geboten. Fast 4.000 WissenschaftlerInnen aus der ganzen Welt sind gekommen, um sich in einigen tausend Fachveranstaltungen auszutauschen.
Aber auch für das breite Publikum wollte das „Committee on Space Research“ etwas bieten: Der Astrophysiker und erfolgreiche Buchautor Günther Hasinger war angekündigt, und weit mehr als 1.000 Interessierte kamen am Dienstagabend. Das macht den renommierten Astrophysiker glücklich. „Wir müssen die Köpfe unserer Kinder entzünden“, sagte er dem großen Publikum in der Arena der Bremer Stadthalle – damit die naturwissenschaftliche Fächer studieren und die neuen Fragen beantworten können, die sich bei jeder neuen Erkenntnis über das Universum ergeben. Denn inzwischen wissen die Astrophysiker, dass sie kaum 5 Prozent der Phänomene einigermaßen verstehen.
Dieses Universum fliegt auseinander, sein Schicksal ist damit klar: Es wird irgendwann in seinen Urzustand übergehen, das der Physiker mit „Nichts“ beschrieb. Aus diesem Nichts sei das Universum entstanden, wie es in der Bibel steht, Hasinger benutzt lieber das Wort „Inflation“ als „Big Bang“, den englischen Begriff für den Urknall. Hunderttausende Galaxien schwirren da herum.
Speziell auf der Erde wird es wegen der Ausdehnung der Sonne in ferner Zukunft sehr heiß werden – die Sonne hat derzeit ihre mittlere Lebenserwartung erreicht. Rund eine Milliarde Jahre werde es dauern, bis die Erde so heiß ist wie die Venus heute – etwa 400 Grad. „Ich bin nicht gegen die bemannte Raumfahrt – zur rechten Zeit“, scherzte Hasinger.
Haben die Klimaforscher also unrecht, wenn sie die Erderwärmung auf den Treibhauseffekt zurückführen? Keineswegs, sagt der Physiker. Die von den Menschen produzierte Erderwärmung sei eine Million Mal stärker als der Effekt der Sonnenausdehnung.
Die Versuche, die natürlichen Kernfusionen zu verstehen, könnten irgendwann auch zu Kernfusionskraftwerken führen, hofft Hasinger – Ende dieses Jahrhunderts vielleicht. Für Iter, einen Forschungstestreaktor in Südfrankreich, sei das Geld bewilligt. Energieerzeugung wie im Inneren der Sonne beherrschbar zu machen, das ist der Traum.
Hasinger selbst hat die Entwicklung des Röntgenteleskops Erosita für eine Weltraummission angestoßen, die die Untersuchung der Dunklen Materie und der Schwarzen Löcher im Blick hat – und letztlich die Modelle von der Entstehung des Universums, die die Gesetze der klassischen Physik sprengen. Derzeit, so Hasinger, könne er nur sagen, dass alles „wie von Geisterhand“ begonnen habe. KLAUS WOLSCHNER