: Flüchtlinge wollen’s sicher
ÄRGER IN BESETZTER SCHULE
Müll, kaputte Klos, Polizeieinsätze, Messerattacken. Seit Flüchtlinge vor über einem Jahr die leer stehende Schule in Kreuzberg besetzt haben, gab es kaum Neuigkeiten von dort. Die grüne Fraktionsvorsitzende Ramona Pop sprach am Montag von „nicht haltbaren Zuständen“; der benachbarte Verein Fixpunkt schützt seine Mitarbeiter inzwischen durch Tunnel vor herunterfallendem Müll.
Rund 200 Menschen wohnen in der Schule, sie kommen aus Ost- und Westafrika, dem Maghreb, ein Flügel wird von Roma-Familien bewohnt. Manchmal gesellen sich Obdachlose hinzu. Alle als eine einheitliche Gruppe zu sehen geht an der Realität vorbei. Den Bewohnern ist einzig gemein, dass sie aus purer Not in der Schule wohnen und diese lieber heute als morgen gegen einen sicheren und ruhigen Ort tauschen würden.
In der Schule konzentrieren sich die sozialen Probleme nicht nur der Stadt, sondern Europas. Der Bezirk wird sie nicht lösen können. Er kann den Flüchtlingen weder Arbeitserlaubnis noch sicheren Aufenthalt gewähren. Stadtrat Panhoff gebührt Respekt, dass er dennoch versucht, eine Lösung zu finden.
Diese ist auch dringend nötig: nicht wegen der Anwohner, sondern wegen der Bewohner selbst. Denn diese leiden am meisten unter dem Mangel an Hygiene und Sicherheit. 200 Menschen auf engstem Raum, die meisten Männer, viele traumatisiert, ohne Einkommen, ohne Perspektive – das führt fast zwangsläufig zu Gewalt und Kriminalität. So verwundert es auch nicht, dass nun Vertreter aus der Frauenetage und dem Roma-Flügel einen Sicherheitsdienst und Eingangskontrollen fordern.
Der Bezirk, der die Nutzung der Schule duldet, steht in der Verantwortung: Wenn die Frauen und Familien es schaffen, ihre Bereiche sauber zu halten und ein friedliches Zusammenleben zu organisieren, kann man das auch von den Männern verlangen. Die geplante Einrichtung einer Gruppe für Sicherheit ist ein erster Schritt. Es sei den Bewohnern gewünscht, dass er Erfolg hat. Bis zur nächsten Eskalation zu warten hilft nur denen, die ohnehin auf eine „gewaltsame“ Lösung des Flüchtlingsproblems drängen. JULIANE SCHUMACHER