leserinnenbriefe :
„Arbeit ist ein knappes Gut“
■ betr.: „Verbrämte Statistik“, taz vom 30. 6. 10
Schön, dass der Irrsinn mal so knapp ausgesprochen wird: „Arbeit ist ein knappes Gut.“ So ist es tatsächlich. Auch wenn es nicht so sein kann. Denn der „Produktionsfaktor Arbeit“, nämlich „Arbeitskraft“, ist im Überfluss vorhanden. Die Arbeitgeber, die ja nicht Arbeit geben, sondern Arbeitskraft suchen, fühlen keine Knappheit. Nur die Arbeitnehmer, die ja nicht Arbeit nehmen, sondern Arbeitskraft geben, sind auf der Suche nach Arbeit, nein, nach bezahltem Arbeitsplatz. Und dieses Ding Arbeitsplatz, oder vornehmer: „Stelle“, taucht also faktisch auf dem Gütermarkt auf! Wehe, wenn die Neoklassik das entdeckt – dann muss es von seinen Nachfragern bald bezahlt werden! KAI LORENZ, Berlin
Viele Schwachstellen
■ betr.: „HRE ist nicht leistungsfähig“, taz vom 23. 7. 10
Man nehme: Einen stressreduzierten Stress-Test für Banken, bejuble das ach so tolle Ergebnis, nachdem viele Milliarden zur Bankenrettung bereitgestellt wurden, und lasse das Wesentliche außer Acht. Das sind zum Beispiel die irrwitzige Verschuldung vieler Staaten plus Zinseszins, die zukünftigen Belastungen durch Pensions- und Rentenverpflichtungen usw. Von ökologischen Dramen und Rüstungswettlauf wollen wir hier gar nicht reden. Die Jubelarien werden dann medienträchtig vorangestellt und tragen entsprechend zur Volksberuhigung bei. Da haben die Autorin und Prof. Hickel vollkommen recht, wenn sie auf viele Schwachstellen verweisen und von Ablenkung sprechen. KLAUS WALTHER, Reinbek
Urteil ist keine Überraschung
■ betr.: „Ramelow darf beobachtet werden“, taz vom 22. 7. 10
Hier sollen eine Partei und ihre Mitglieder diffamiert werden, welche die Demokratie von unten eigentlich wieder beleben und ihr einen Namen geben wollen – eine Demokratie, welche durch gravierende Fehlentscheidungen der Politik in den letzten Jahren massiv mit Füßen getreten wurde.
Es wurden Gesetze gegen den Mehrheitswillen der Bevölkerung durchgedrückt. Im Namen der „Demokratie“. Ob es die Rente ab 67 ist, die Gesundheitsreform, der Afghanistaneinsatz, das Sparpaket, Gesetze zur Finanzmarktkontrolle (welche eigentlich keine sind, Risikopapiere sind weiter im Handel) oder nicht zuletzt Hartz IV mit seinen Schikanen und Auswirkungen im Niedriglohnsektor! Alles Gesetze, welche uns aufgebürdet wurden. Die Lasten der Krise müssen zumeist die Schwachen, Kinder, Erwerbslosen, Geringverdiener tragen.
Allein die privaten Vermögen, welche im letzten Jahr um sage und schreibe 239 Milliarden Euro zugenommen haben, hätten die Krisenlasten mit Leichtigkeit verkraftet. Sind hier nicht andere Kräfte vom Verfassungsschutz beobachtungswürdiger? Kräfte, Parteien welche das Sozialstaatsgebot im Artikel 20 des Grundgesetzes in eklatanter Weise missachten und den Sozialabbau forcieren! Solche Kräfte müssten doch vom Verfassungsschutz beobachtet und als verfassungsfeindlich eingestuft werden! Kräfte, welche das Kapital und die Verursacher schützen, anstatt sie dafür in Haftung zu nehmen. Eine wahre Demokratie braucht vor der Linkspartei keine Angst zu haben, im Gegenteil! Nur die wirkliche Macht in diesem Staate, das Kapital, fürchtet ein Erstarken der Linkspartei und hat sicherlich auch eine Aktie an diesem Urteil. Demzufolge ist das Urteil für mich keine Überraschung, und die Frage der Glaubwürdigkeit muss bei den katastrophalen Fehlentscheidungen und der die Klientel bedienenden Politik der schwarz-gelben Regierung erst recht gestellt werden! HANS-JÜRGEN HEDERMANN
Bahn bleibt Eigentum aller
■ betr.: „Konkurrenz gegen Arroganz“, taz vom 23. 7. 10
Die Leute, die ihre Klagen über die Unzulänglichkeiten der Deutschen Bahn regelmäßig mit der Forderung nach Privatisierung und mehr Wettbewerb abschließen, sind schon sehr nervig. Wenn man nicht die einfachen Rezepte der Neoliberalen und Bertelsmänner nachplapperte, könnte man sich doch mal überlegen, dass mehr Wettbewerb nicht die Lösung, sondern die Ursache des Übels ist. Gerade der klare Auftrag unserer Regierungen unter Schröder und Merkel an die Herren Mehdorn und Grube, die Bahn im globalen Wettbewerb zu einem führenden Logistikunternehmen zu entwickeln und fit für den Verkauf an private Aktionäre zu machen, hat ja dazu geführt, dass an der Sicherheit gespart wurde und die Kunden heute mit Arroganz behandelt werden, da sie nicht genügend Rendite bringen. Warum glaubt Herr Kosch, dass Veolia-Manager, die neben Connex-Zügen auch private Trinkwassernetze betreiben, weniger arrogant oder skrupellos sind als die Manager der DB? In Großbritannien führte mehr Wettbewerb und Privatisierung des Bahnverkehrs zum Chaos. Einst privatisierte Stadtwerke werden wieder zurückgekauft, weil Preise der privaten Stromkonzerne doch nicht günstiger sind und die Gewinne in die Taschen ihrer Aktionäre fließen und die Bürger nicht mehr über ihr Stromnetz bestimmen können.
Dies wäre eine bessere Lösung zur Weiterentwicklung des Bahnverkehrs: Die Deutsche Bahn bleibt im Eigentum von uns allen. Der Börsengang wird endgültig abgesagt und der Vorstand der DB von unserem Parlament mit dem klaren Auftrag ausgestattet, sich um einen effizienten Bahnverkehr zum Wohle aller zu kümmern. Dadurch behalten wir die Kontrolle über die Bahn und könnten Gewinne aus dem Bahnverkehr in der Staatskasse behalten, statt die Dividende von Aktionären zu zahlen. PETER KRÖGER, Minden