: Schon abGEZockt?
Ab 2007 sollen auch auf Computer Rundfunkgebühren erhoben werden. Nun formiert sich Protest dagegen – zu Recht, denn wieder hat die Medienpolitik die technische Entwicklung verschlafen
Von Jürgen Bischoff
Wenn man sich in einschlägigen Internetforen umsieht, gibt es wohl keine andere Institution, vielleicht einmal abgesehen von „den Ölscheichs“ und „den Mineralölkonzernen“, die so von vox populi angefeindet wird wie die GEZ, die Gebühreneinzugszentrale von ARD und ZDF.
Das ist zum Teil sicherlich berechtigt, wenn man an die rüden Methoden denkt, mit denen so mancher Außendienstler der GEZ potenziellen Gebührenverweigerern auf die Pelle und in die Wohnung rückt, um nachzuweisen, dass dort doch ein Radio oder ein Fernsehgerät steht, die per definitionem als empfangsbereit, mithin also rundfunkgebührenpflichtig gelten.
Eigentlich ist es aber die Medienpolitik, die ARD und ZDF immer weniger Freunde verschafft, denn ihr ist es nicht gelungen, die Rundfunkgebühren als einen notwendigen Beitrag für das Funktionieren unseres demokratischen Gemeinwesens zu vermitteln. Als Obolus für die Kulturförderung – denn die Rundfunkanstalten schaffen Arbeitsplätze für Künstler in Musik, Literatur und Film – aber auch als Lieferant von Informationen und Bildungsinstitution. Sind die Öffentlich-Rechtlichen doch mittlerweile aufgrund ihrer jahrelangen Berichterstattung auch so etwas wie ein audiovisuelles Archiv der Gesellschaft geworden. Doch es ist schick geworden, die Legitimation der Rundfunkgebühren anzuzweifeln. Die Quotengeilheit der Hierarchen trägt mit ihrer Programmplanung zwischen Volksmusikfesten, Telenovelas und formatiertem Radio gehörig dazu bei.
Die absurdesten Argumente liefert aber wieder einmal die Medienpolitik. Zum 1. Januar 2007 soll nämlich auf alle Computer mit Internet-Anschluss GEZ-Gebühr erhoben werden – denn man kann ja auch via Streaming aus dem Internet die öffentlich-rechtlichen Angebote empfangen (siehe Kasten).
Nun betrifft das die Normalhaushalte im Prinzip gar nicht, denn neben den Computern dürfte in der Regel mindestens auch ein Radio im Haushalt stehen, und damit wäre ohnehin alles abgedeckt. Aber die deutsche Wirtschaft läuft Sturm gegen die „Abzocke“ und rechnet vor: Mindestens 120 Millionen Euro werde die neue Gebühr sie kosten. Ob das rechtens ist, soll auch eine Verfassungsklage klären.
Gut, derartiges Gejammere kennt man ja zur Genüge und man könnte es mit einer Handbewegung abtun – zumal auch ganz andere Zahlen über die Kosten der PC-Gebühr kursieren: Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF), die normalerweise die Höhe der Rundfunkgebühren festlegt, geht zum Beispiel nur von 30 Millionen Euro Mehreinnahmen für die GEZ aus. Und um die Relationen klar zu machen: Angewiesen sind die Öffentlich-Rechtlichen auf den Zuschlag sowieso nicht, weil rund 90 Prozent der Gebühren immer noch aus den Privathaushalten kommen werden.
Doch so leicht geht es nicht, denn die PC-Gebühr ist im Kern nichts anderes als ein grober handwerklicher Fehler im Rundfunkgebührenstaatsvertrag. Plötzlich werden Geräte, die für alles andere als Rundfunkempfang gebaut sind, gebührenpflichtig, nur weil den öffentlich-rechtlichen Sendern eingefallen ist, ihre Programme auch im Streaming-Verfahren – also als Audio- und Videodateien per Internet – zu verbreiten. Morgen bietet die ARD womöglich an, Radiotöne via Telefon zu versenden, und schon sind nach dieser Logik alle Telefone rundfunkgebührenpflichtig, auch wenn die Telefonbesitzer diesen Dienst gar nicht nutzen?
Die Vorschrift im Gebührenstaatsvertrag haben sich einige weltfremde Juristen vor sieben Jahren ausgedacht und erst einmal per Moratorium auf Eis gelegt. Jetzt soll sie aber in Kraft treten und erweist sich als das, was sie immer schon war: nämlich unpraktikabel und ungerecht.
Unstrittig ist: Wo ein eigenständiges Rundfunkempfangsteil eingebaut ist – zum Beispiel eine TV-Karte im Computer oder ein Empfangsmodul für das DMB-Handy-Fernsehen – da sind schon jetzt GEZ-Gebühren fällig. Fragwürdig dagegen ist, per Staatsvertrag immer neue Verbreitungswege als Rundfunk zu definieren. Letztlich ist das ganze System der Gebührenpflicht durch die technische Entwicklung längst überholt worden. Und kann der weiteren Entwicklung kaum folgen.
Nun gibt es auch schon andere Vorschläge, etwa den der Grünen, eine Abgabe pro Haushalt und Betriebsstätte einzuführen. Doch auch die erweisen sich als unausgegoren, denn eine Rundfunk„abgabe“ ist nicht mehr staatsfern genug, wie es das Grundgesetz verlangt – und kollidiert mit europarechtlichen Vorgaben. Ohnehin prüft Brüssel bereits, ob es sich bei den Rundfunkgebühren um unzulässige „staatliche Beihilfen“ handelt und sie nicht eigentlich verboten gehörten. Eine solche „Abgabe“ könnte da Wasser auf die EU-Mühlen bedeuten. Und das will eigentlich auch niemand außer dem Privatfunkverband VPRT.
Es bleibt also nur eines: die Medienpolitiker müssen die Kuh vom Eis ziehen, sprich den umstrittenen Passus über die gebührenpflichtigen Computer streichen. Und dann über eine Neuorientierung der Gebührenpflicht angesichts der technischen Entwicklung nachdenken. Und das schleunigst.