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Archiv-Artikel

Duschen für alle

OPEN AIR Das Hamburger Dockville-Festival hat sich mit einem Nebeneinander von Kunst und Musik einen Namen gemacht. Mitte August gibt es nicht nur Jan Delay und Wir sind Helden – sondern auch einen Kunstspielplatz

VON KLAUS IRLER

Tatsächlich ist das Musikprogramm des Hamburger Dockville-Festivals auch nicht schlecht, aber eigentlich sind es zwei andere Komponenten, die das Festival besonders machen. Erstens: die bildende Kunst, die ebenso wichtig ist wie die Musik. Zweitens: die Lage des Festival-Geländes, stadtnah und doch in einer anderen Welt.

Zur bildenden Kunst ist zu sagen, dass sie hier nicht nur schön anzusehen ist, sondern auch einige Angebote zur Teilhabe parat hält. Der Künstler Conrad Kürzdörfer beispielsweise begrünt zwei Bushaltestellen und möchte den Besuchern ermöglichen, sich an den Haltestellen kleingärtnerisch zu betätigen. Thomas Judisch wird auf dem Gelände Heilschlammbäder installieren, die zum Planschen einladen. Abduschen können sich die Besucher in der Installation des Instituts für wahre Kunst, das aus 37 Duschköpfen Elbwasser sprudeln lassen will – allerdings nicht gleichzeitig, sondern per Zufallsgenerator. Und wer sich einmal zurückziehen möchte, der legt sich neben eine Blumeninsel der Gruppe ZooZooZoo, schließt die Augen und genießt den Duft.

Nicht künstlerisch, aber atmosphärisch wertvoll ist der Ort des Dockville-Festivals in Hamburg-Wilhelmsburg. Industrie-Silhouetten von Hafenbetrieben prägen das Bild und überall ist die Elbe in ihrer Eigenschaft als Wasserstraße präsent. Auf dem Gelände selbst gibt es außerdem eine selbst gezimmerte Häuserzeile, die die Umrisse des gegenüberliegenden Rethe-Speichers kopiert, stilistisch aber einer Westernstadt nachempfunden ist.

Das alles ist von der Hamburger Innenstadt aus schnell und unkompliziert zu erreichen: Vor allem Radler, die durch den alten Elbtunnel kommen, dürften von den Landungsbrücken gerade mal 15 Minuten brauchen.

Was das Musikprogramm betrifft, so sind die Höhepunkte in diesem Jahr die Auftritte von Jan Delay, Jamie T. und Wir sind Helden. Besonders stolz sind die Veranstalter darauf, dass NEU!-Gründer Michael Rother sein aktuelles Projekt vorstellen wird, ebenso wie Steve Shelley von Sonic Youth. Insgesamt werden an den drei Festival-Tagen mehr als 90 Bands und DJs an sieben unterschiedlichen Spielorten zu hören sein. Ferner präsentiert Europas größter Slam-Veranstalter „Kampf der Künste“ wieder einen Poetry Slam mit nationalen Größen wie Julia Engelmann aus Bremen.

Im vergangenen Jahr kamen 15.000 Besucher zum Dockville-Festival – damit ist das Dockville ein kleineres unter den großen Open-Air-Festivals. Im Kunstprogramm sind in diesem Jahr ein paar große Namen dabei: Olaf Nicolai beispielsweise, dem derzeit auch die Kestnergesellschaft in Hannover eine Ausstellung widmet. Aber die Organisatoren mögen bei ihrem Kunstprogramm nicht von „Ausstellung“ reden. „Kunstspielplatz“ trifft es besser.

Für Kinder gibt es vom 2. bis 8. August das Lüttville-Festival. Gemeinsam mit Wilhelmsburger Bildungseinrichtungen – wie etwa dem Bauplatz Galgenbrack, dem Haus der Jugend Kirchdorf Süd und dem Zirkus Willibald – werden unterschiedliche Workshops angeboten, in denen die Kinder Werke für das Dockville-Festival erschaffen und einstudieren können.

Dockville-Festival: 13. bis 15. 8., Hamburg-Wilhelmsburg, Reiherstieg Hauptdeich / Ecke Alte Schleuse