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Archiv-Artikel

Heimat für alle

Uwe Knüpfer, 51, früher Chef der „WAZ“, arbeitet an einer Internet-Zeitung für das Ruhrgebiet. Start ist im November

Nein, kein Internetportal, eine Zeitung. Darauf legt Uwe Knüpfer wert. Denn auch wenn sich das neue Projekt des Ex-Chefs der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) in den Untiefen des World Wide Web verbirgt, soll es die Gestalt einer Zeitung erhalten – und bloß einmal täglich aktualisiert werden. Für einen Webauftritt geradezu untypisch.

Selbstverständlich, sagt Knüpfer, werde er auch aktuelle Informationen aufnehmen in sein Elektroblatt, das sich ausschließlich mit dem Ruhrgebiet befasst. „Wenn morgens ein Rathaus brennt, bringen wir das natürlich sofort“, sagt der 51-Jährige. Ständige Aktualisierung aber würde eher zur Verwirrung beitragen. Deshalb will Knüpfer darauf verzichten. Obwohl es doch gerade Aktualität ist, die das Internet ausmacht und Papierzeitungen alt aussehen lässt.

Knüpfer hat es auf andere Gimmicks abgesehen: Auf Filme oder Musik zum Beispiel. Und auf die Möglichkeit, aus aller Welt auf alle Seiten zugreifen zu können. „Das sind die Stärken des Internets“, sagt Knüpfer. All das soll deshalb bei onruhr.de integriert werden. Im November geht die Internet-Zeitung voraussichtlich an den Start. Zielgruppe ist laut ihres Chefs eine junge urbane Leserschaft, „die das Ruhrgebiet als Metropole lebt“. Langfristig soll eine „Heimatzeitung für alle“ entstehen, also auch für ältere, dem Internet eher abgeneigte Menschen.

Eine „Renaissance der Lokalzeitung“ schwebt Knüpfer vor. Gerade jetzt, während sich immer mehr Postillen aus dem Lokalen verabschieden, allen voran die WAZ. „Es ist ein Jammer, das Zeitungen die Städte verlassen“, klagt Knüpfer und verspricht, dass etwa Vereinskultur bei onruhr.de eine „große Rolle“ spielen werde.

Bislang arbeiten fünf fest angestellte Mitarbeiter und etliche freie für onruhr.de – bis zum Start sollen weitere hinzukommen. Derweil deutet einiges darauf hin, dass Knüpfer mit seiner Online-Offensive die herkömmlichen Publikationen im Ruhrgebiet angreifen will, etwa seinen alten Arbeitgeber WAZ, wo er 2005 dem Zeitungsrestaurator Ulrich Reitz weichen musste. Doch der Journalist dementiert. Er sagt: „Ich mache das, weil ich das Ruhrgebiet kenne und liebe.“ Und weil er sich schön aufregen kann: Etwa über die hohen Nahverkehrs-Tarife. „Die sind ein Skandal“, wettert Knüpfer. „Deshalb müsste man eigentlich auf die Straße gehen.“ Sagt er. Und geht erst mal in Internet.

BORIS R. ROSENKRANZ