: BUS STATT HUBSCHRAUBER
VON RALF SOTSCHECK
Die Pferderennwoche von Galway in Westirland, die gestern zu Ende ging, ist nicht mehr das, was sie mal war. Oder genauer: Sie ist wieder das, was sie vor 140 Jahren war – ein Ereignis, bei dem Gäule auf einer Rennbahn um die Wette laufen und Männer in Tweedjacken den Buchmachern mit Schiebermützen ein paar zerknautschte Geldscheine in die Hand drücken.
Doch vorübergehend, zu Zeiten des keltischen Tigers, als die irische Wirtschaft boomte, waren die Galway Races das gesellschaftliche Ereignis des Jahres – Irlands Antwort auf Ascot. Die Frauen kamen mit Stöckelschuhen und fantasievollen Hüten. Die Bauunternehmer und die Politiker ließen sich mit Hubschraubern einfliegen, um im großen Zelt der Partei Fianna Fáil, die Irland seit 80 Jahren mit kurzen Unterbrechungen wie ein Familienunternehmen regiert, ihre korrupten Geschäfte auszuhecken. Das ist vorbei. Das Zelt lohnt sich nicht mehr, denn die Bauindustrie ist am Boden und verfügt über keine Bestechungskasse mehr.
„Die Leute nehmen den Bus statt den Hubschrauber“, meinte der für die Gegend zuständige Tourismus-Direktor John Concannon entsetzt. Und der Umsatz an Austern und Champagner sei ebenfalls zurückgegangen. Auch die Buchmacher klagen. Früher haben manche Sportsfreunde 40.000, ja sogar 100.000 Euro auf ein Pferd gesetzt, sagte Justin Carty von der Firma Chronicle Bookmakers. Jetzt seinen sie vorsichtiger. Das habe einen Dominoeffekt.
So manches Luxushotel muss zurückstecken. Dabei bot das Twelve Hotel im Vorort Bearna ein Schnäppchen an: Für 7.012 Euro konnte man sich zu Hause von einem Hubschrauber abholen lassen, durfte drei Nächte in einer Luxussuite schlafen, bekam zwei achtgängige Essen serviert und wurde im James-Bond-Auto Aston Martin zu den Rennen gefahren. Doch niemand nahm das Angebot in Anspruch.
Wenigstens konnten sich die leitenden Angestellten in Galways Krankenhäusern freuen: Sie bekamen zwei Tage Zusatzurlaub, damit sie zu den Rennen gehen konnten. Das sei ihnen gegönnt, auch wenn die Personaldecke aufgrund der Kürzungen, die von den früheren Fianna-Fáil-Zeltinsassen verordnet wurden, so dünn ist, dass die Patienten oft tagelang in den Krankenhausfluren warten müssen. Damit ist aber bald Schluss: Das Merlin Park Hospital in Galway hat für die letzten vier Monate in diesem Jahr alle nicht lebensnotwendigen Operationen abgesagt. Dadurch spart man rund 360.000 Euro, das müssen die tausend Patienten, die auf Operationen an Hüfte, Schulter oder Knöchel hoffen, doch einsehen.
Außerdem könne man dann endlich mal richtig saubermachen, damit sich keine Infektionen ausbreiten können, sagte ein Sprecher der Gesundheitsbehörde. Er hat recht. Warum kommen die blöden Kranken auch mit ihren Viren ins Krankenhaus, anstatt sich erst mal in Ruhe zu Hause auszukurieren. Vielleicht kann man sie ja im Fianna-Fáil-Zelt unterbringen. Das wird auf lange Zeit nicht mehr benötigt. Doch da würden sie sich möglicherweise mit dem Morbus Corruptus infizieren.