Kein Asyl für Libanesen

Während die eigenen Staatsbürger aus dem Libanon geholt werden, hat Deutschland für hiesige und geflohene Libanesen erst einmal bloß einen Abschiebestopp im Angebot

MÜNCHEN taz ■ Mehr als 4.000 Deutsche hat die Bundesregierung mittlerweile aus dem Libanon in Sicherheit gebracht, aber um die halbe Million Libanesen, die auf der Flucht sind, hat man sich in Berlin noch nicht allzu viele Gedanken gemacht.

Auf die Frage, was mit libanesischen Flüchtlingen passiert, die entweder bereits in Deutschland sind oder nach Deutschland kommen, hat die Bundesregierung in diesen Tagen keine richtige Antwort parat. Im Bundesinnenministerium – für Asylanträge zuständig – verweist man auf das Auswärtige Amt. Da wie dort druckst man herum und redet von „theoretischen Fragen“.

Dabei leben nach Angaben der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl derzeit 40.400 Libanesen in Deutschland, 5.535 von ihnen sind nur geduldet, also direkt von Abschiebung bedroht. Selbst im Januar und Februar dieses Jahres haben rund 100 Menschen aus dem Libanon in Deutschland um Asyl nachgesucht – lange vor dem Krieg.

Für Libanesen, die gerade in Deutschland sind und eigentlich demnächst gehen müssen, gibt es derzeit zumindest einen informellen Abschiebestopp. Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz haben anstehende Abschiebungen um drei Monate ausgesetzt, und auch Nordrhein-Westfalen hat einen Abschiebe-Charterflug storniert, der für Ende Juli geplant war. Eine Landung in Beirut wäre auch unmöglich.

Ein offiziell abgestimmtes Vorgehen der Bundesländer gibt es derzeit jedoch nicht, wie Rainer Riedl, Sprecher des bayerischen Innenministeriums, erklärt. In Bayern, das derzeit den Vorsitz der Innenministerkonferenz der Länder hat, stehen im Augenblick keine Abschiebungen in den Libanon an.

Korrespondenten berichten von wütenden Krawallen unter der libanesischen Bevölkerung, weil nur Ausländer aus den Bombengebieten gerettet werden. Nach Angaben des Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen irren mehr als 400.000 Libanesen im eigenen Land umher. Weitere 100.000 Menschen sind ins Ausland, etwa nach Syrien, geflohen.

In Deutschland wären die Kriegsflüchtlinge nicht allzu willkommen. Am Willen würde es nicht scheitern, beteuern Bund und Länder zwar, aber besser sei es doch, die Fluchtsituation in der Region selbst zu bewältigen. Noch seien aber keine libanesischen Kriegsflüchtlinge an den deutschen Grenzen gemeldet worden, so die Bundespolizei und das Bundesamt für Migration auf taz-Anfrage.

Ein Recht auf Asyl stünde den meisten dieser Menschen ohnehin nicht zu. Um ein solches Ersuchen bewilligt zu bekommen, muss ein Asylbewerber individuell verfolgt werden. Bombardements sind kein anerkannter Asylgrund. Auch eine Einreise mit Besuchsvisum wird schwierig. Die deutschen Botschaften in der Krisenregion haben ihr gesamtes Personal aus den Visaabteilungen abgezogen, um die Rückholaktionen der eigenen Staatsbürger zu koordinieren. Nur in ganz wenigen Härtefällen gab es für Libanesen in den letzten Tagen einen Einreisestempel, etwa für engste Familienangehörige. MAX HÄGLER