piwik no script img

Im Frühtau zur Schule

MORGENGRAUEN Grüne ärgern Bildungsbehörde mit Forderung nach späterem Unterrichtsbeginn

Mit der Forderung nach einem von 7.45 Uhr auf neun Uhr verlegten Unterrichtsbeginn im Land Bremen hat die Grünen-Fraktion das neue Schuljahr eingeläutet – und die Bildungsbehörde verärgert. Als „olle Kamelle“ bezeichnete Karla Goetz, Sprecherin von Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) den Vorstoß. „Wir lehnen das schlankweg ab.“

Aus ihrer Sicht hieße das nämlich, auf Unterrichtszeit zu verzichten – und das wäre „fatal für Bremen“. Diese Einschätzung stützt sich auf Bildungsforscher Jürgen Baumert, der dem Land vor anderthalb Jahren empfohlen hatte, die Unterrichtszeiten sogar noch auszuweiten. Vor allem in den frühen Morgenstunden seien die SchülerInnen besonders leistungsfähig, so Goetz.

Das allerdings bezweifelt Anja Stahmann: Wissenschaftlich sei belegt, dass der Biorhythmus insbesondere von Jugendlichen nach einem späteren Unterrichtsbeginn verlangt, so die Bildungspolitikerin mit Verweis auf Studien von Schlafforschern. Entsprechend werde es ja auch in zahlreichen europäischen Ländern gehandhabt. „Mit einem Unterrichtsbeginn neun Uhr würde effizienter gelernt“, prognostiziert sie. „Wer sagt denn, dass man deshalb länger in der Schule bleiben müsste?“

Nun, die Bildungsbürokratie tut’s: Die Stundentafel legt die Kultusministerkonferenz (KMK) fest und Veränderungen fallen ihr schwer. So wurde das Unterrichtsvolumen bis zum Abitur auch nicht nennenswert verkürzt, als die westlichen Bundesländer die auf acht Jahre verkürzte Gymnasialzeit (G 8) einführten: Sachsen und Sachsen-Anhalt hatten ihr Veto eingelegt. KMK-Beschlüsse erfordern Einstimmigkeit – und das Gremium hatte den G 8-Pionieren zuvor auch keine Ausnahme bewilligt.

Damit dürfe man sich aber nicht abfinden, so Stahmann. Ebenso wenig hält sie es für eine unüberwindbare Hürde, dass ein späterer Schulbeginn Eltern organisatorisch in die Klemme bringen könnte: „Die Schulen sollten ja ab 8 Uhr geöffnet haben.“ Vor dem Unterricht könnte ein gemeinsames, betreutes Frühstück in der Mensa angeboten werden. BES

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen