best ager, kino, etc. : Wellness auf der Leinwand
Der „Krieg der Generationen“ hat sich verschoben. Raus aus den Sachbuch-Bestsellerlisten, hinein in die Kinos. Dort ist der demografische Wandel jetzt in Form einer Studie des Erich Pommer Instituts angekommen, an der auch die Babelsberger Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ mitgearbeitet hat. Die These: Das Kinopublikum wird älter. In den vergangenen fünf Jahren verdoppelte sich der Anteil der ab 50-jährigen Kinobesucher auf knapp 21 Prozent. Spätestens in 30 Jahren werden „best ager“ über die Hälfte der Bevölkerung stellen. Und damit auch die Mehrheit im Kino. Mehr noch, in Zukunft werden es Frauen Ende fünfzig sein, die mit ihrer Freundin mal gemütlich ausspannen wollen bei einem Film.
Was aber ist zu tun, wenn Teenagerhorden nicht länger die Stammklientel sind? Die Studie macht da ein paar schüchterne Vorschläge. Ältere Leute haben angeblich Spaß an Filmen, in denen „Freundschaft, Beziehung, Liebe und Familie“ die großen Themen sind. Zugleich mögen sie „Arthouse-Produktionen und Kunstfilme“ lieber als Science-Fiction oder irgendwelche asiatische Action. Und wenn sie denn schon ins Kino gehen, dann soll alles auch ein bisschen gehobene Atmosphäre haben, mit Wein und Fingerfood statt Popcorn und Cola; auch „hochwertige Angebote wie Bioprodukte“ wären laut Studie denkbar.
Nein. Das ist kein Kino mehr, sondern ein überdimensionales Wohnzimmer – Bildtapete inklusive. In den USA wird schon längst an einem solchen Trend gearbeitet, dort entstehen Muvico-Kinos: Luxuspaläste mit Valet-Parking und Restaurants bis hin zur Kinderbetreuung für den schnellen Film zwischendurch. In Deutschland wiederum könnte die Entdeckung der „best ager“ als ultimative Zielgruppe dazu führen, dass demnächst Abonnement-Kinos aufmachen – wobei auch Kooperationen mit „Möbelhäusern, Reisebüros, Wellnesseinrichtungen, Supermärkten“ möglich wären. Fragt sich nur, welcher Scorsese zur Schrankwand passt und ob sich der neue Jim Jarmusch auch mit dem Ayurveda-Programm verträgt.
Doch einen Fehler zumindest hat die Studie bei aller Sorge ums Alter: Bereits die Rentner von heute schauen ja lieber nostalgische Filme aus ihrer eigenen Jugend – bei meiner Oma war’s Heinz Rühmann, bei meiner Mutter Belmondo. Und die Alten von morgen? Wollen dann vermutlich Johnny Depp. Insofern bleibt – alles beim Alten.
HARALD FRICKE