: Große Brüder gesucht
Datenschützer verleihen Big-Brother-Award für Schnüffelei in der Privatsphäre. Vorschläge willkommen
Ex-Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) und das WM-Organisationskomitee des DFB haben etwas gemeinsam. Beide sind Träger des Big-Brother-Awards, der einmal im Jahr von Datenschützern in Bielefeld vergeben wird. Der Award wird in Deutschland seit 2000 an Unternehmen, Organisationen und Personen verliehen, die in „besonderer Weise und nachhaltig die Privatsphäre von Menschen beeinträchtigen oder persönliche Daten Dritten zugänglich machen“.
Vergeben wird der Negativ-Preis vom Verein FoeBuD (Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs e.V.). Mit der Verleihung wollen die Organisatoren die Diskussion um Privatsphäre und Datenschutz fördern. Bis zum 31. Juli können Vorschläge für diesjährige Kandidaten eingereicht werden, die alle von FoeBuD geprüft werden. Die Preisverleihung ist am 20. Oktober in Bielefeld.
Im vergangenen Jahr wurden rund 250 Vorschläge gemacht. Mit einem Award bedacht wurde schließlich die Ticket-Vergabe für die Fußball-WM 2006. Für die „inquisitorischen Fragebögen zur Bestellung von WM-Tickets“ gewannen das Organisationskomitee sowie Franz Beckenbauer persönlich in der Kategorie Verbraucherschutz. Bei der Fußball-WM waren die Tickets erstmals mit einem Chip ausgestattet, auf dem personenbezogene Daten gespeichert wurden. Die Datenschützer prangerten an, dass Ticketkäufer gezwungen waren, unter anderem Geburtsdatum, Fan-Zugehörigkeit und die Personalausweisnummer preiszugeben.
Otto Schily erhielt 2005 die Auszeichnung für die Antiterrorgesetze und sein Lebenswerk. Außerdem wurde noch eine Grundschule in Ostwestfalen geehrt. Sie hatte ohne Einwilligung der Betroffenen Daten von SchülerInnen an örtliche Banken weiter gegeben.
Während die Prämierten den Preis früher noch zu ignorieren versuchten, schicken die meisten inzwischen schriftliche Erklärungen an FoeBuD, um den „legalen“ Eingriff in die Privatsphäre zu rechtfertigen. Das öffentliche Interesse am Big-Brother-Award ist gewachsen, und auch das Bewusstsein der Menschen für die Wichtigkeit des Datenschutzes. Denn ob Handys, Kundenkarten oder Videoüberwachung im öffentlichen Raum – im digitalen Zeitalter wird der Schutz persönlicher Daten immer schwieriger.
GESA SCHÖLGENS
www.bigbrotherawards.de