KOMMENTAR: CHRISTIAN JAKOB ÜBER DIE „FAIRTRADE“-BEWERBUNG : „Fair“ ist etwas anderes
Bremen ist ein wichtiges Zentrum der deutschen Kaffeeindustrie. Seit langem ist bekannt, unter welchen Bedingungen Kleinbauern die Kaffeebohnen in mühsamer Handarbeit anbauen, pflücken, trocknen und sortieren, den diese Firmen in Deutschland vertreiben. Ihre Ware wurde letzte Woche an der wichtigen Londoner Kaffeebörse für 1,77 Dollar je 500 Gramm gehandelt – und das war ein Zwölf-Jahres-Hoch.
Noch immer wird nur ein winziger Bruchteil des Kaffees, der hierzulande verkauft wird, „fair“ gehandelt. Anteil daran haben Verbraucher, die Preise von unter sechs Euro für ein Pfund Kaffee erwarten. Doch letztlich sind es die Importeure, die von den Zuständen im Rohkaffeemarkt profitieren – und deshalb tragen sie dafür die Verantwortung.
Die Bereitschaft, ihre strukturelle Überlegenheit gegenüber den Agrarproduzenten nicht länger auszuspielen, wächst im Zeitlupentempo – und nur durch öffentlichen Druck. „Faire“ Aufpreise lassen sich dabei nur an eine ganz bestimmte Klientel durchreichen und schlagen den Konzernen deshalb auf‘s Betriebsergebnis, keine Frage.
Kraft beteiligt sich am Schutz des Regenwalds – schön und gut. Die überfällige Anhebung von Sozialstandards bei den Produzenten rückt dadurch aber keinen Schritt näher. Sich dafür zu entscheiden, so Geschäfte zu machen, ist die eine Sache. Doch aus Marketing-Gründen bei einer Initiative einzusteigen, die für hohe Sozialstandards steht, lässt befürchten: Hier droht Etikettenschwindel auf hohem Niveau.