: „Die Syrer wollen nur erneut in den Libanon“
Drusenführer Walid Dschumblat warnt davor, für eine Friedenslösung auf das Regime in Damaskus zu setzen
taz: Herr Dschumblat, kann Damaskus, wie von europäischen Außenpolitikern vorgeschlagen, eine Rolle bei der Beilegung des Konflikts spielen?
Walid Dschumblat: Die Syrer spielen nur eine negative Rolle. Dank Damaskus gibt es diese riesigen Raketenvorräte aus dem Iran in unserem Land, das dadurch zerstört wird.
Syrien könnte doch auf diplomatischem Weg eine wichtige Rolle bei den Verhandlungen mit Hisbollah spielen?
Syrien ist ein sehr gefährlicher Bündnispartner, der in einer Linie mit dem Iran und Hisbollah steht und zum Schaden der Demokratie und der Unabhängigkeit des Libanons ist.
Kann es denn ohne syrische Beteiligung überhaupt eine diplomatische Lösung geben?
Meine Meinung ist, solange das gegenwärtige Regime in Damaskus an der Macht ist, wird es für Monate keinen Waffenstillstand und Stabilität für den Libanon geben. Dieser Kerl in Damaskus ist gefährlich, nicht nur für den Libanon, sondern für den ganzen Nahen Osten.
Syrien könnte doch Einfluss auf Hisbollah nehmen?
Die Syrer wollen nur erneut in den Libanon zurückkommen.
Dann verhandeln Sie direkt mit Hisbollah über die Waffenstillstandsbedingungen?
Wir verhandeln über den Parlamentspräsidenten Nabih Berri direkt mit Hisbollah. Wir wollen wissen, wohin dieser ganze Krieg führen soll. Wir haben nicht zugestimmt, dass Hassan Nasrallah im Namen des libanesischen Volkes und der gesamten islamischen Welt den Krieg gegen Israel erklärt. Er nimmt dabei keine Rücksicht auf andere Meinungen. Das ist ein klarer Verstoß gegen alle Regeln der Demokratie.
Wird der Krieg auf unabsehbare Zeit weitergehen?
Das hoffe ich nicht. Wenn die Zerstörung des Landes zunimmt, wird es noch mehr Flüchtlinge geben und die Ökonomie ist dann total am Ende. Ein Waffenstillstand muss auf stabilen Füßen stehen. Ganz Libanon muss den Libanesen gehören, und Hassan Nasrallah muss seine Aktionen stoppen.
Glauben Sie, er wird auf Sie hören?
Das weiß ich nicht, ich stehe mit ihm nicht direkt in Kontakt.
Sind Sie pessimistisch, was die Zukunft betrifft?
Wir müssen optimistisch bleiben und weiter für Demokratie kämpfen. Ich habe mein Leben lang darum gekämpft, den Libanon am Leben zu erhalten. Da gibt man nicht so einfach auf. Zurzeit kümmere ich mich um die Flüchtlinge, die zu Tausenden aus dem Süden kommen. Das ist jetzt das Wichtigste.
INTERVIEW: A. HACKENSBERGER