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Archiv-Artikel

Fraport AG trotz satter Gewinne nicht glücklich

Die Flughafenbetreiberin will endlich die geplante neue Landebahn bauen. Doch die Widerständigen sind hartnäckig

FRANKFURT/M. taz ■ Knapp 100 Millionen Euro Gewinn hat die Fraport AG in den ersten sechs Monaten diesen Jahres gemacht. Das ist ein Drittel mehr als im selben Zeitraum 2005. Der Zuwachs verdankt sich vor allem Sondereffekten wie Beteiligungsverkäufen. Aber auch beim Umsatz legte die Betreibergesellschaft des Frankfurter Rhein-Main-Flughafens um dreieinhalb Prozent zu. Er liegt nun bei über einer Milliarde Euro. Für das gesamte Geschäftsjahr prophezeit Finanzvorstand Stefan Schulte, der die Halbjahresbilanz gestern vorstellte, eine „noch deutliche Steigerung des Konzernüberschusses“.

Alles in Butter also beim größten Arbeitgeber in Hessen? „Wir könnten noch viel stärker wachsen, wenn wir nicht diese leidigen Kapazitätsprobleme hätten“, klagte Schulte. Die neue Landebahn, deren Eröffnung ursprünglich für 2008 avisiert worden war, werde dringend gebraucht. Derzeit wagt allerdings nicht einmal mehr der politische Herr des Ausbauverfahrens, der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU), eine Prognose. Denn zahlreiche Landkreise und fast alle Städte und Gemeinden rund um den Flughafen haben erbitterten Widerstand gegen die von der Landesregierung favorisierte Ausbauvariante Landebahn Nordwest angekündigt. Die Bürgerinitiativen sind zu „Aktionen auch im Wald und auf der Straße“ bereit. Die Kritiker befürchten zusätzlichen „Lärmterror“, wenn es dann stündlich 120 Flugbewegungen gibt. Und sie bangen um ihren Wald und damit um Lebensqualität.

Schon auf dem Erörterungstermin 2005 hatten die Anwälte der Kommunen Erfolge erzielt: Sie wiesen Fraport „gravierende Fehleinschätzungen“ bei der Entwicklung des Luftverkehrs nach. Zudem hatte die Firma bei den Unterlagen für das Verfahren geschlampt und musste nachbessern. Der Zeitplan war nicht mehr einzuhalten.

Dass in unmittelbarer Nachbarschaft zur geplanten Rollbahn das Chemiewerk Ticona steht, hat bereits die Störfallkommission Chemie beim Bund auf den Plan gerufen. Die Existenz der Fabrik verbiete den Landebahnbau, urteilte die Kommission unter Berufung auf europäisches Recht. Das Risiko sei zu groß, dass ein Absturz zu einer Katastrophe führe. Die Fraport AG holte Gegengutachten ein. Koch sagte vor wenigen Tagen, dass das „Problem Ticona lösbar“ sei: durch eine Zwangsenteignung, die mit einer Entschädigung verbunden wäre. Oder „im günstigeren Fall“, indem das Land die Einbunkerung von Betriebsteilen finanziere.

Politisch braucht Koch eine breite Basis, wenn er die Landebahn Nordwest durchsetzen will. Vor allem die wankelmütige SPD will er deshalb zwingen, endlich Farbe zu bekennen. Gleich nach der Sommerpause soll der Landtag einer Änderung des Landesentwicklungsplanes zustimmen. SPD-Fraktionschef Jürgen Walter signalisierte bereits Zustimmung. Allerdings nur, wenn es ein uneingeschränktes Nachtflugverbot gebe. Die Lufthansa AG allerdings fordert schon heute eine Ausnahmegenehmigung für ihre Flotte und droht mit „Abwanderung“. Koch sagte dazu bislang nichts.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

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