: Der Song als Spielfeld
Frei denkende Erben des guten alten Rocks. Die Hamburger Gruppe „Sport“ feiert heute Abend ihr zehnjähriges Bestehen mit der Präsentation ihres zweiten Albums „Aufstieg und Fall der Gruppe Sport“
Auch wenn ihr Name das Gegenteil vermuten lässt, die Schnellsten sind die drei Rocker von der Gruppe „Sport“ sicher nicht. Aber so war es bestimmt auch nicht geplant, als sich Felix Müller – der ansonsten bei „Kante“ Gitarre spielt –, Christian Smukal – ein Teil des Duos „Künnecke & Smukal“ – und Martin Boeters vor zehn Jahren unter dem auf Schweiß verweisenden Namen zusammengefunden haben, um den guten alten Rock beständig neu zu erfinden.
Denn dass das Verhältnis des Trios zur namengebenden planmäßigen und zumeist mit Hilfe von Wettkämpfen gemessenen Körperschulung zumindest gespalten ist – auch wenn der Trommler in der 3. Herrenmannschaft von St. Pauli kickt –, macht der Song „Platz im Schatten“ deutlich, der sich auf ihrem 2001 erschienenen ersten Longplayer „These Rooms Are Made For Waiting“ findet: „Die Stadt war voll von Nationalmannschafts-Trainingsanzügen. Es war die Hölle mit dem Bus zu fahr‘n. An solchen Tagen ist es trotz allem gut, einen Ort zu haben an dem der Rock‘n‘Roll niemals sterben wird.“
Und so bezieht man sich lieber auf die Sternstunden der gitarrenlastigen Bewegungskunst, auf „Dinosaur Jr.“, „Pavement“, „Chavez“ oder auch mal „Soundgarden“, hebt musikalische statt physikalische Naturgesetze aus den Angeln und verdichtet Musik nach den Gesetzen einer „Physik der Emotionen“. Denn „Sport“ haben sich vorgenommen, „schlichtweg zu rocken, dennoch Experimente zu wagen und dabei auch noch maximal eingängige Popsongs entstehen zu lassen“.
Zwei Jahre haben sie sich deswegen auch Zeit genommen für ihr zweites Album, das am 1. September auf dem in Harburg ansässigen Label „Strange Ways“ erscheint und sich in zehn wunderschönen, schlauen, rockenden, selbstironischen und sich nirgendwo anbiedernden Songs dem „Aufstieg und Fall der Gruppe Sport“ widmet. Und so gibt es auch die Geschichte einer erfolglosen Vorband zu hören, die sich in die Rolle des Hauptacts hineinträumt.
Apropos Vorband. Im September gehen „Sport“ mit Felix Müllers ungleich bekannterer Kombo „Kante“ auf Tournee durch die Bundesrepublik. Wer so lange nicht warten möchte, sollte heute Abend den „Revolver Club“ im Grünen Jäger besuchen. Denn dort gibt es die sympathischen „Sport“ pur.
ROBERT MATTHIES