: Tödliche Abschreckung
AUSTRALIEN Asylbewerber stirbt bei Protesten in australischem Zwangslager in Papua-Neuguina
BERLIN taz | In einem australischen Zwangsinternierungslager für Flüchtlinge auf der Südpazifikinsel Manus (Papua-Neuguinea) ist es in der Nacht zu Dienstag erneut zu Gewalt gekommen. Dabei wurde laut Australiens Einwanderungsminister Scott Morrison ein Flüchtling getötet, 77 weitere wurden verletzt. Ein Flüchtling sei mit Schädelbruch nach Australien ausgeflogen worden.
Laut Morrison habe die lokale Polizei zusammen mit dem privaten Sicherheitsdienst des von Australien finanzierten Lagers am späten Abend begonnen, einen Aufstand unter den 1.300 Insassen niederzuschlagen. Die Flüchtlinge aus Afghanistan, Sudan, Irak, Iran, Libanon, Pakistan, Somalia und Syrien hätten zuvor Zäune niedergerissen. Darauf habe die Polizei laut Morrison das Feuer eröffnet. Seit zwei Uhr in der Früh sei die Lage wieder unter Kontrolle.
Schon in der Nacht zuvor war es im Lager Manus zu Krawallen gekommen. Insassen sollen randaliert haben und vorübergehend ausgebrochen sein, nachdem sie informiert worden waren, dass sie auch im Fall der Anerkennung ihres Asylantrags nicht in Australien aufgenommen werden. Flüchtlinge schilderten Unterstützern in Australien jedoch einen anderen Verlauf, zumindest der zweiten Nacht. Demnach sei das Lager von Polizisten und Anwohnern angegriffen worden. Diese seien mit Macheten, Rohren und Stöcken im Camp umhergezogen, berichtete Ian Rintoul von der Flüchtlingshilfsgruppe Refugee Action Coalition. Die Tageszeitung Sydney Morning Herald zitierte aus dem Hilferuf eines Flüchtlings auf Facebook, in dem dieser einen Angriff auf das Lager beschrieb.
Die oppositionelle Labor Partei forderte inzwischen eine Untersuchung der Ereignisse. Minister Morrison wies die Version der Flüchtlinge zurück, versprach aber eine Untersuchung.
Die Insel Manus liegt Hunderte Kilometer vor der Nordküste der früheren australischen Kolonie Papua-Neuguinea. Das dort von Australien betriebene Lager sowie ein weiteres im pazifischen Winzstaat Nauru und auf der australischen Weihnachtsinsel dient der seit einem halben Jahr amtierenden konservativen Regierung für ihre abschreckende Flüchtlingspolitik. Sie lässt sämtliche „Boat People“, also per Schiff nach Australien kommende Flüchtlinge, dort auf unbestimmte Zeit zwangsinternieren. Auf diese Weise soll die Flucht nach Australien unattraktiv werden. SVEN HANSEN