: 40 Jahre gespalten
Am 14. August 1966 begann in Deutschland die industrielle Stromerzeugung aus Atomstrom
BERLIN taz ■ Exakt 40 Jahre ist es her: In der Nacht zum 14. August 1966 starteten die Männer des RWE-Konzerns Deutschlands erste großindustriell genutzte atomare Kettenreaktion. Mit Block A in Gundremmingen rückte die Bundesrepublik in die Liga der Atomstrom-Nationen auf. Lang lief Deutschlands erster Reaktor allerdings nicht: Raureif auf den Stromleitungen führte am 13. Januar 1977 zu einem Kurzschluss im Netz, der produzierte Strom konnte nicht mehr abgeführt werden. Zwar schaltete sich Block A noch selbst korrekt ab. Dann aber versagte die Kette der sicherheitstechnischen Systeme: Block A havarierte total.
Dasselbe Szenario wie im schwedischen Forsmark: Ein Kurzschluss im Netz hat dort vor knapp drei Wochen zur Selbstabschaltung des AKW geführt. Wie in Gundremmingen versagte auch in Forsmark die Kette der sicherheitstechnischen Systeme. Dass es nicht zur Katastrophe kam, verdanken Schwedens Kraftwerksbetreiber zwei Notstromaggregaten, die reagierten. Seitdem steht die Hälfte der schwedischen AKWs still.
Ganz anders in Deutschland: Der Chef des RWE-Konzerns, Harry Roels, erklärte noch am Freitag, neue AKWs „im europäischen Ausland“ bauen zu wollen. Details darüber, wie viele neue Atommeiler in welchen Staaten entstehen könnten, wollte Roels nicht nennen. Er machte aber kein Geheimnis daraus, dass RWE seinen ältesten Reaktor – Biblis A – länger laufen lassen will. Forsmark hin, Gundremmingen her – Kernkraft sei „sicherheitstechnisch unbedenklich“, erklärte Harry Roels.
Damit will der RWE-Chef Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) ärgern. Der hatte als Konsequenz aus der Forsmark-Panne Deutschlands AKW-Betreiber aufgefordert, ihre älteren Blöcke eher als im Atomkonsens festgeschrieben abzuschalten. Biblis A ist vertraglich kommendes Jahr dran, Biblis B, Neckarwestheim und Brunsbüttel folgen bis 2009.
40 Jahre nach der ersten Kettenreaktion in Gundremmingen wurde gestern zudem Folgendes bekannt: Bereits im Mai kam es dort im noch laufenden Block C zu einer Funktionsstörung bei einem Notstromaggregat. Anders als die Betreiber von Forsmark konnte RWE das allerdings bislang verschweigen. NICK REIMER