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Archiv-Artikel

Klang unter Strom

ELEKTRONIK Das 77. REM-Konzert ist eine Kollaboration mit der Reihe Flickertunes und Klangpol Oldenburg im Rahmen des „sounding D“-Festivals des Netzwerks Neue Musik

sounding D in Oldenburg 

Der Sonntag steht rund um den Oldenburger Bahnhof im Zeichen Neuer Musik: Zwischen 11 und 19 Uhr gestalten Musiker mit akustischen und verstärkten Instrumenten und elektronischen Klangquellen ein „Klangband“, das die Bahnsteige über die Bahnhofshalle mit der City verbindet. Ab 16 Uhr führt Bill Drummond die deutsche Erstaufführung von „Surround“ auf: 100 Performer bilden einen Kreis von fünf Kilometern Umfang und lassen Tonfolgen durch die Oldenburger Innenstadt kreisen.

■ Sonntag, 11-19 Uhr, um den Oldenburger Hauptbahnhof

von Andreas Schnell

„Elektronische Musik“ – was ist das eigentlich? Beim heutigen Konzert der seit rund sieben Jahren existierenden „Reihe Elektronischer Musik“ (REM) stehen – wenn auch elektronisch begleitete – Bläser auf der Bühne, die Amerikanerin Liz Allbee vereint gar beides in in einer Person: Sie kommt aus der freien Improvisation, spielte mit Anthony Braxton, aber auch in der Avantgarde-Rockband „Monopause“ und benutzt sowohl Trompete als auch elektronische Geräte.

Christoph Ogiermann, der die Reihe mit Jan van Hasselt und Lilian von Haußen kuratiert, schätzt genau das: „Ich finde die unklaren Gebiete interessant.“ Ogiermann, selbst Komponist und Musiker, kommt aus der so genannten E-Musik – und ist vom akademischen Betrieb mittlerweile enttäuscht. „Heute wird dort Brauchtumspflege getrieben.“

Über REM, ein Projekt der Projektgruppe Neue Musik (PGNM), ergab sich die Zusammenarbeit mit Musikern aus einer ganz anderen Ecke – einem quicklebendigen, unakademischen Untergrund, der seine Wurzeln letztlich in Rock, Punk oder Hardcore hat, eine global vernetzte Szene, der geraden Takte und sattsam bekannten Lied- und Konzertformen überdrüssig. Mittlerweile ist diese Szene ein Schwerpunkt von REM.

Nummer 77 ist insofern eine typische, aber auch eine ganz besondere Ausgabe: Sie steht am Anfang des Festivals „sounding D“, wobei D für den D-Zug steht, der durch 15 deutsche Städte fährt und Neue Musik dorthin bringt, wo sie sonst nicht zu hören ist: an öffentlichen Orten wie Bahnhöfen, in Fußgängerzonen, Geschäften. Bremen ist eigentlich an sounding D nicht beteiligt. Dank guter Verbindungen zum Oldenburger Projekt Klangpol darf man sich hier gleichwohl auf ein Programm freuen, das neben Liz Allbee, „Lauter Blech“ mit Freunden, „Föten mit Flöten II“ und den Schweden „The Sons Of God“ auch den Film „Pilgrimage From Scattered Points“ von Luke Fowler umfasst, der in das Werk des britischen Komponisten Cornelius Cardew einführt. Elektronische Musik, die nichts mit dem zu tun hat, was in den Clubs als solche kursiert. Wobei es auch dort Mut zum Experiment gibt. Ein Fall für REM? „Lustigerweise noch nicht“, sagt Ogiermann: „Noch nicht!“ Die Suche geht weiter.

■ Samstag (heute), 20 Uhr, Spedition im Güterbahnhof, „sounding D“ im Internet: www.sounding-d.net