piwik no script img

Archiv-Artikel

KOMMENTAR VON MALTE KREUTZFELDT Abgebrannte Argumente

Selbst den industrienahen Gutachtern gelingt es nicht, Atomkraft schönzurechnen

Fast kann einem die Bundesregierung leidtun. Was hat sie nicht alles versucht, um die Laufzeitverlängerungen zu rechtfertigen, die sie den Stromkonzernen im Wahlkampf versprochen hat. Das Gutachten, das die Grundlage für die künftige Politik liefern soll, hat sie an ein Institut vergeben, das den Energiekonzernen nicht nur nahesteht, sondern das, wie sich inzwischen herausstellte, sogar von ihnen finanziert wird. Und die Vorgaben wurden so gewählt, dass sie möglichst günstig für die Atomkraft sind – etwa indem der Ausbau erneuerbarer Energien niedriger angesetzt wurde als in den jüngsten Prognosen der Regierung.

Genützt haben diese Verrenkungen offenbar nichts. Wenn es sich bestätigt, was am Freitag über die Gutachten durchsickerte, haben die geplanten Laufzeitverlängerungen keinen nennenswerten Einfluss auf Strompreise und Versorgungssicherheit. Wenn es aber selbst parteiischen Gutachtern mit unrealistischen Annahmen nicht mehr gelingt, Atomkraftwerke schönzurechnen, dann hat die Union ein echtes Problem. Denn das Argument, dass nur AKWs billig und zuverlässig Strom produzieren, sollte eine zentrale Rolle spielen, um den WählerInnen die Laufzeitverlängerungen schmackhaft zu machen.

Nachdem diverse Studien bereits gezeigt haben, dass längere Laufzeiten den Ausbau der Erneuerbaren eher behindern als unterstützten und dass sie auch zum Erreichen der Klimaschutzziele nicht nötig sind, gehen den Befürwortern die Argumente endgültig aus. Und mit der Wahrheit – dass längere Laufzeiten vor allem den Profiten der Betreiber dienen – lassen sich nun mal keine Wahlen gewinnen.

Wenn die Kanzlerin eine zukunftsfähige Energiepolitik machen will, hat sie mit ihrem eigenen Gutachten nun eine gute Begründung, die rückwärtsgewandten Teile ihrer Partei zu stoppen. Befreit von diesem Streitthema, könnte sie sich endlich auf die wirklichen energiepolitischen Herausforderungen wie den Ausbau der Netze und die Steigerung der Energieeffizienz konzentrieren. Merkel allein hat es in der Hand.