: Knackende Balken
THEATER-KRISE
Die Bühne im Dunkeln, im Zuschauerraum modern die rotsamtenen Sessel. In der staubigen Luft rascheln Fledermausflügel, marode Balken knacken – und dröhnt da nicht eine Orgel aus dem Untergrund? Geld, Intrige, ein zagender Stadtrat, ein klagender Intendant, eine Ministerin, die ihre alte Kreisstadt nicht im Stich lassen will: Das Drama um das einsturzgefährdete Schleswiger Theater beschäftigt den kulturinteressierten Teil Schleswig-Holsteins seit Jahr und Tag. Am Donnerstag entscheidet der Stadtrat über einen Neubau, der das seit zweieinhalb Jahren geschlossene Haus ersetzen soll. Es geht dabei auch um die Zukunft des Landestheaters Schleswig-Holstein.
1912 trat Schleswig dem Theaterverbund bei, aus dem das Landestheater als festes Ensemble mit den wechselnden Spielstätten Rendsburg, Schleswig, Flensburg sowie Gastspielorten wurde. Seit 2011 finden die Schleswiger Aufführungen im Kulturzentrum der Dänischen Minderheit statt.
Dass das Theater wieder eröffnet werden soll, wollen alle – aber wo? Und wer zahlt? Neben Renovierung oder Neubau am alten Standort kam ein Grundstück ins Gespräch, an dem sich das Volkskundemuseum befindet, weitere Kulturangebote könnten mit einziehen. Im Dezember stimmte der Stadtrat mit extrem knapper Mehrheit gegen den Neubau – die Abgeordneten fürchteten explodierende Kosten. Theater-Generalintendant Peter Grisebach drohte mit dem Aus für alle drei Bühnen.
In den vergangenen Wochen ruckelten Stadt, Land, Kreis, Museum und Theater ein Konzept zurecht: Die Landesregierung spendiert eine Extra-Million Euro, zudem überredete Kulturministerin Anke Spoorendonk (SSW) die landeseigene Stiftung Landesmuseen, das Gelände kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Von den kommunalen Landesverbänden kommen bis zu 600.000 weitere Euro. Damit zahlt die Stadt maximal fünf Millionen Euro für den Neubau.
Also geht alles glatt bei der Abstimmung am Donnerstag? Wer weiß. Wie die Schleswiger Nachrichten berichten, hat ein Experte festgestellt, dass der Altbau gar nicht einsturzgefährdet ist. „Mit ganz wenig Aufwand“ könne das Haus wieder bespielbar gemacht werden, sagt der „kritische Statiker, der namentlich nicht genannt werden möchte“. Er vermutet „irgendwelche Interessen“ hinter der Schließung. Und so bleiben im Schleswiger Theater der Vorhang zu und alle Fragen offen. EST