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Archiv-Artikel

Märchen aus einem fernen Land

NORDKOREA IM KINO

Eine Propagandashow, die eine Chance ist, die sonst fest zugehaltene Tür einen Spalt zu öffnen

Einen wirklichen Einblick in die Zwänge des abgeschotteten Landes wird man bei der Nordkorea-Filmwoche im Babylon Mitte nicht bekommen. Bis zum heutigen Samstag ist dort in Erinnerung an den Koreakrieg nordkoreanisches Propagandamaterial zu sehen. So viel aber weiß man doch: dass es in dem Land nicht so rosig und menschenfreundlich zugeht wie in „Comrade Kim Goes Flying“. Mit dieser märchenhaften Komödie wurde die Filmwoche am Montag eröffnet.

In Nordkorea, wo man bestimmt genug schlechte Gründe hat, an dieses Märchen glauben zu wollen, soll der Film ein Hit sein. Aus hiesiger Perspektive ist seine Besonderheit, dass es sich dabei um die erste Spielfilmkoproduktion Nordkoreas mit dem Westen dreht. Beteiligt daran war Nicholas Bonner, ein in Peking lebender Brite, der seit Mitte der Neunziger eine Agentur betreibt, die Touren in das verschlossene Land arrangiert.

Da ist schon ein Unbehagen. Weil mit der Filmwoche Nordkorea allemal eine Propagandashow eingerichtet ist. Die aber doch auch, ohne deswegen gleich von einem Wandel durch Annäherung sprechen zu wollen, eine Chance ist, die sonst fest zugehaltene Tür einen Spalt zu öffnen.

Einen Spalt, durch den wenigstens ein Fußball passt. Fußball-WM 1966 in England: Man erinnert sich, wie Nordkorea Italien mit einem 1:0 sensationell aus dem Turnier kickte. In dem Dokumentarfilm „The Game of Their Lives“ von 2002 wird diese Geschichte erzählt. Dass dafür ausgiebig in Nordkoreas Archiven recherchiert werden konnte, hat wieder mit diesem Nicholas Bonner zu tun. Sport verbindet, über alle Grenzen hinweg. Und vielleicht auch das Kino.

Nächsten September etwa beim Festival in der Hauptstadt Pjöngjang – die einzige Gelegenheit, bei der Ausländer und Nordkoreaner gemeinsam ins Kino gehen können. 2012 wurde der deutsche Beitrag „Der ganz große Traum“ hier als bester Film ausgezeichnet. Daniel Brühl spielt den Lehrer Konrad Koch, der 1874 in Deutschland ein neue Sportart einführte: den Fußball.

THOMAS MAUCH