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Archiv-Artikel

Opferanwalt fordert höhere Entschädigung

AFGHANISTAN Ein Jahr nach der Bombardierung eines Tanklasters bei Kundus haben einige Witwen keine Entschädigung erhalten. Anwalt Karim Popal erhebt schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung

BERLIN taz | Der Bremer Anwalt Karim Popal hat ein Jahr nach dem Luftangriff nahe Kundus eine höhere Entschädigung für die Opfer gefordert. „5.000 Dollar pro Familie sind sehr wenig“, sagt Popal. Es decke in den Fällen der Verletzten noch nicht einmal die Operationskosten ab. Popal will für jeden Todesfall 33.000 Dollar einklagen. Bei dem Luftangriff der US-Luftwaffe im Auftrag der Bundeswehr gab es je nach Angaben 91 bis 142 Tote.

Der Opferanwalt kritisiert auch, dass nicht mit ihm über die Entschädigungen verhandelt worden sei, sondern mit „der korrupten afghanischen Regierung“. Dass die deutschen Behörden versucht hätten, direkt an die Opfer heranzukommen, sei „gesetzeswidrig“.

Der Sprecher für Rechtsfragen im Verteidigungsministerium, Matthias Mattey, sagte, der erste Ansprechpartner sei die Afghanische Menschenrechtskommission, eine vom Staat unabhängige Organisation. „Dass man die örtliche Provinzregierung einbinden muss, liegt auf der Hand, weil man gegen ihren Willen nichts machen kann“, sagt Mattey. Die Zahlungen werden nicht über die afghanische Regierung abgewickelt, sondern über ein Konto, auf das Berechtigte seit Kurzem zugreifen können.

Popal sagt, er habe 113 Mandanten, in deren Familien Menschen durch den Luftanschlag gestorben seien. Dazu kämen sieben Mandanten, die durch den Anschlag verletzt wurden. Er wisse allein von elf Witwen mit mehreren Kindern, die die Entschädigungszahlung nicht erhalten haben, weil ein Onkel oder der Schwiegervater sie an sich genommen hat. Mattey sagt, die Bundeswehr habe ihr Bestes versucht, um an die Witwen selbst heranzukommen. Das sei nicht in allen Fällen gelungen. „Deshalb haben wir am Ende auch andere Verwandte akzeptiert, wenn sie eine Vollmacht mitbringen.“

Zur Höhe der Zahlung sagt Mattey, es handele sich nicht um eine Entschädigung: „Es ist eine Unterstützungsleistung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht.“ In anderen Fällen seien bis zu 33.000 Dollar gezahlt worden, ein Vergleich sei aber nicht möglich. Die Bundesanwaltschaft habe festgestellt, dass der Angriff zulässig im Rahmen des Völkerrechts gewesen sei.

Auch der grüne Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele hält die Entschädigung nicht für ausreichend. „Die Zahlungen spielen eine wichtige Rolle für die wirtschaftliche Existenz derjenigen, die Angehörige verloren haben.“ Wichtiger seien jedoch Projekte, die einem Ort langfristig nützen. KARIN SCHÄDLER