: Borussen nicht in WM-Laune
Zwei Monate nach der WM regiert in Dortmund der Alltag. Gegen Mainz 05 muss sich der BVB mit einem 1:1 begnügen. Nationalspieler sind verletzt oder außer Form. Dennoch glaubt Fußball-Dortmund an die junge Mannschaft
DORTMUND taz ■ Die WM ist vorbei. Das musste BVB-Angreifer David Odonkor am Samstag früh feststellen bei der Bundesliga-Partie Borussia Dortmund gegen Mainz 05. In der 18. Minute setzte sich der Unter-elf-Sekunden-Sprinter auf der rechten Offensivseite durch und schlug eine scharfe Flanke in die Mitte – leider fand er keinen willigen Vollstrecker. Welch ein Kontrast zum WM-Vorrundenspiel Deutschland gegen Polen vom 14. Juni dieses Jahres, als der Dortmunder Edeljoker in der Nachspielzeit von exakt derselben Grasnarbe des Westfalenstadions seinen Mannschaftskollegen Oliver Neuville einsetzte. Dieser traf damals zum 1:0-Erfolg und versetzte damit Dortmund und Fußball-Deutschland in den patriotischen Ausnahmezustand.
Ganz so euphorisch verlief der Bundesliga-Heimauftakt der Borussen nicht. Gegen Mainz reichte es zu einem zwar ansehnlichen aber kaum befriedigenden 1:1. David Odonkor konnte wenig dazu beitragen, immerhin spielte er 90 Minuten durch. Welch seltener Genuss. „Viel lieber“ als nach Monaten mal wieder eine komplette Partie zu absolvieren, hätte er aber gewonnen, sagte Odonkor hinterher.
Nach der Auftaktniederlage gegen Bayern München war das Remis gegen Mainz die zweite Enttäuschung der jungen Saison. Das von BVB-Trainer Bert van Marwijk vorgegebene Saisonziel (Platz fünf) wird ein zäher und langwieriger Kampf. Doch das durch die finanzielle Krise der vergangenen Jahre sensibilisierte Publikum scheint Verständnis für die mühsame Aufbauarbeit zu haben. Pfiffe gab es nur gegen Schiedsrichter Felix Brych, der den Dortmundern kurz vor Spielende durchaus einen Elfmeter hätte zusprechen können. Bert van Marwijk zeigte sich hinterher vor allem über das Ergebnis enttäuscht: „Wir hatten unglaublich viele Chancen, aber die Mannschaft hat gezeigt, dass sie Potenzial besitzt.“
Der BVB musste ohne die Nationalspieler Sebastian Kehl und Christoph Metzelder und ohne Kapitän Christian Wörns auskommen. Statt dessen bildeten Bundesliganeuling Martin Amedick (23) und Markus Brzenska (23) in der Innenverteidigung, sowie Marc Andre Kruska (20) im Mittelfeld den Abwehrverbund. Eine ähnlich unerfahrene Defensive ist selten im Profifußball.
Vor allem Amedick merkte man zu Beginn die Nervosität an: Fehlpässe, Ballverluste, später steigerte er sich und erzielte in der 76. Minute den Führungstreffer. „Und das vor der Fankurve“, sagte er cool. Leider freuten sich Amedick und Kollegen so ausgiebig über den Treffer, dass sie direkt nach dem Wiederanstoß reichlich unsortiert den Ausgleich kassierten. Der Ex-Bochumer Edu traf aus zehn Metern (77.) „Das ist Unkonzentriertheit, Dummheit, aber auch Unerfahrenheit“, sagte van Marwijk und vor allem: eine Momentaufnahme. „Wir werden noch kommen und Nelson Valdez und Alex Frei werden auch noch treffen.“
Vielleicht kommt auch David Odonkor wieder in WM-Laune, wenn seine beiden Sturmkollegen treffen. „Verdient hätte er es“, sagte auch Mainz-Trainer Jürgen Klopp. Auf der Pressekonferenz und nicht im ZDF-WM-Studio. Die WM scheint wirklich vorbei zu sein. HOLGER PAULER