: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Die programmatische Arbeit der Union gleicht bisher einem Riesenslalom, man könnte das neue Grundsatzprogramm daher gleich „Super G“ nennen. Auch wenn es sich ein wenig Sorgen um das Potenzial grüner Politik macht
taz: Was war schlecht in der letzten Woche?
Friedrich Küppersbusch: Spontane Heiligsprechung von Überwachungskameras.
Was wird besser in dieser?
Tarnung von Terroristen vor Überwachungskameras.
Soldaten in den Libanon ja, aber nur humanitär und auf einer Fregatte. Ist das angemessene Politik oder nichts Halbes und nichts Ganzes – während die Vereinten Nationen auf dem Trockenen sitzt?
Begibt man sich einmal auf die abschüssige Bahn militärischer Eingriffe – und das hat, nicht zu bestreiten, Rot-Grün außenpolitisch hinterlassen, – liegt jede nachfolgende Steigerung in der Logik des Ausgangsfehlers. Es ist dann schwer zu argumentieren, warum man sich im Kosovo, in Afghanistan und sonst wo einmischt und ausgerechnet hier nicht. Die Deutschen haben ihre historischen Erfahrungen – und übrigens ihr Verfassungsgebot einer reinen Landesverteidigungsarmee – für eine laue Aussicht auf einen Platz im Sicherheitsrat verkauft. Dabei wären wir noch stets in der Lage, eine europäische Armee zu fordern als Preis für deutsches Mittun.
Zeigt das internationale Problem, UN-Truppen für den Libanon zu rekrutieren, nicht, wie wichtig eine eigene UN-Truppe wäre?
Auch ein schöner Traum.
Und warum gibt es eine solchen UN-Truppe nicht?
Aber hallo. Wo wäre die Position dieser UN-Truppe etwa im Irakkrieg gewesen ? Völkerrechtlich hätten sie die Bush-Koalition angreifen müssen.
Ist das kategorische Nein der Linkspartei zum Bundeswehreinsatz glaubwürdig ?
So glaubwürdig wie das klare Nein zum neoliberalen Sparkurs zum Beispiel des Berliner Senats.
Und das Pragmatische „Ja, aber, nein vielleicht“ von Stoiber?
Bei aller Hüftsteife im Auftritt: Stoiber scheint am ehesten die Bauchpolitik Schröders verstanden zu haben. Die Nachkriegsdeutschen würden gern für immer Nach-Kriegs-Deutsche bleiben, und dagegen ist nun mal nichts einzuwenden. Das Pflügergemerkel zum Irakkrieg hat die Union einen Wahlsieg gekostet, und im Angesicht dieser Gefahr hört die CSU standrechtlich auf, ein Global Player zu sein.
Ein Sturm der Entrüstung tobt durch das Land, weil Finanzminister Steinbrück meint, die Leute sollten lieber für die Rente sparen anstatt in Urlaub zu fahren. Hat er nicht recht?
Ich glaube nicht, dass die Renten steigen, wenn Steinbrück nicht in Urlaub fährt.
Morgen debattiert die CDU über ihr neues Grundsatzprogramm. Sozialer soll es werden. Wird es das? Und ist das Ganze mehr als ein Spielplatz für den CDA?
Das gültige Programm von 1994 setzt, wenngleich es sich als 76-seitiges Feiertagsdeutsch-Inferno liest, einige zeittypische Akzente. (www.cdu.de/doc/pdf/grundsatzprogramm.pdf) So heißt eines von 6 Kapiteln „Für die Bewahrung der Schöpfung“, ein weiteres „Für eine ökologische und soziale Marktwirtschaft“. Es atmet dort Sorge um das Potenzial grüner Politik und bleibt im sozialpolitischen Teil dem ausdrücklichen Politikziel „Vollbeschäftigung“ verpflichtet. Die Merkel-Union zeigte bisher von Blüm zu Kirchhoff über Merz und zu Seehofer eher Riesenslalom, programmliche Arbeit als Saisonware. Tipp fürs nächste Grundsatzprogramm: Nennt es gleich „Super-G“. Beschlossen wird es eh erst 2008. Dann wieder mit starrem Blick auf die nächste Wahl.
In dieser Woche wird NRW 60 Jahre alt. Damals war es eine Kunstfusion, protegiert durch die Briten. In NRW wurde zusammengeführt, was nie zusammengehörte – nämlich Pott, katholische Rheinländer und pietistische Ostwestfalen. Warum hat es funktioniert?
Weil das Ruhrgebiet halb Europa amalgamisierte und sogar ethnische Konfliktgruppen wie Rheinländer und Westfalen; weil wir mit Bonn auch noch die Bundeshauptstadt bekamen und damit nicht als Verliererversammlung zusammengepfercht wurden, und wiederum – weil Teilhabe am Ruhrgebiet, vor allem also an der heimischen Kohle, damals ein attraktiver Gegenvorschlag zum Arschabfrieren war. Adenauers Wort „Wenn’s an der Ruhr brennt, ist im Rhein nicht genug Wasser zum Löschen“ ist die Präambel des „rheinischen Kapitalismus“ und war das Wirkprinzip dieser Fusion.
Und was macht Borussia Dortmund?
Setzen ohne Kehl, Metzelder und Wörns die Vorjahrestradition fort, zwingend zu spielen und die Dinger nicht reinzumachen. 1 Punkt aus den ersten beiden Spielen ist irgendwie die Dröhnung, die wir brauchen, um wach zu werden, scheint’s. FRAGEN: SR