Störinfos nach dem Störfall

Vattenfall versuchte nach Panne im AKW Forsmark, Kritiker gezielt zu diskreditieren

AUS STOCKHOLM REINHARD WOLFF

Massive Vorwürfe muss sich der Atomkonzern Vattenfall wegen seiner Informationspolitik gefallen lassen. Um die Schwere des Störfalls im AKW Forsmark herunterzuspielen, seien Medien gezielt mit unwahren Informationen gefüttert worden. Das erklärten beispielsweise Redakteure der liberale Regionalzeitung Upsala Nya Tidning.

Konkret geht es um einen Juristen der zu Vattenfall gehörenden Reaktorbetreiberfirma Forsmark-Kraftgrupp. Der soll sich nach dem Störfall mit Details in verschiedenen Redaktionen gemeldet haben. Nachweislich seien diese Informationen falsch gewesen. Zudem habe der Jurist versucht, Lars-Olov Höglund zu diskreditieren. Der ehemalige Reaktorkonstruktionschef hatte erklärt, das schwedische AKW sei nur wenige Minuten an einem GAU vorbeigeschlittert. Der Jurist lancierte Details aus Lars-Olov Höglunds Leben, die seine Urteilskraft in Frage stellen sollten: So wurde behauptet, dass er nie Konstruktionschef von Vattenfall Forsmark war. Und Experte in Sicherheitsfragen sowie so nicht.

Forsmark-Vattenfall bestätigt in einer am Wochenende veröffentlichten Erklärung solche Medienkontakte. Allerdings will der Konzern neben der Upsala Nya Tidning nur noch eine weitere Zeitung mit Fehlinformationen versorgt haben. Und der fragliche Jurist bedauert gegenüber UNT: „Sollten sich die Informationen nun als unrichtig erweisen, ist es natürlich nicht gut, dass wir sie an Medien weitergegeben haben.“

Viele der mehrheitlich atomkraftfreundlichen schwedischen Zeitungen hatten sich dankend auf die Zweifel an Höglunds Kompetenz gestürzt – und berichtet, dass es doch nicht so schlimm war, wie der Experte behauptete. Mit weitreichenden Auswirkungen: Vier Wochen vor der Parlamentswahl spielt der Atomausstieg im Wahlkampf keine Rolle. Dass letztendlich doch „nichts passiert“ ist, reicht den meisten SchwedInnen offenbar, weiterhin Vertrauen in die Sicherheit schwedischer AKWs zu haben. Zur Irritation vieler ihrer Mitglieder hat sich selbst die grüne „Miljöpartiet“ des Themas nicht wirklich angenommen. Auf ihrer Webseite taucht ein Beitrag über Forsmark und Atomkraftunsicherheit erst an achter Stelle auf. Nach Fragen wie Wohnungspolitik und der möglichen Stilllegung einiger Bahnnebenstrecken. Die Grünen haben offenbar Probleme, Forsmark in ihre seit längerem festliegende Wahlkampfstrategie zu integrieren. Und sie möchten nach den Wahlen erstmals in einer Koalition mit den Sozialdemokraten zusammen regieren. Da könnten sich Forderungen nach einem beschleunigten Atomausstieg als störend auswirken.