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Archiv-Artikel

Nach Abschiebung droht Steinigung

AUFENTHALT Nachdem ihre Duldung ausläuft, soll eine Familie aus Wolfenbüttel nach Schweden ausreisen – und möglicherweise weiter nach Somalia. Dort, so fürchten Unterstützer, könnte die Mutter wegen „Ehebruchs“ der Tod erwarten

Von RP

Unter Tage, im Atommülllager Asse, sagt Annette Parlitz, sei das größte Unglück der vergangenen Monate ein umgeknickter Fuß gewesen. Im zwei Kilometer entfernten Dorf Remlingen aber gehe es um Leben und Tod. Parlitz, beschäftigt als Pressesprecherin bei der Asse-GmbH, zählt zu den Unterstützern einer somalischen Familie in dem Dorf im Landkreis Wolfenbüttel. Eine Mutter und ihre drei Söhne sollen nach Schweden abgeschoben werden – und möglicherweise weiter nach Somalia, befürchtet Parlitz. Dort drohe der Frau wegen „Ehebruchs“ unter Umständen Tod durch Steinigung.

Sabah Farah Ali und die neun bis 14 Jahre alten Jungen leben seit Ende 2012 in Remlingen. Um Somalia verlassen zu können, hatte sie einen Somalier mit schwedischem Pass geheiratet und war mit ihm nach Schweden gegangen. Der Ehemann sei gewalttätig geworden, habe Mutter und Kinder misshandelt und gedroht, sie zu töten, erzählen die Söhne. Sarah Farah Ali beantragte zunächst in Schweden, dann in Deutschland Asyl – beide Anträge wurden abgelehnt.

Die 36-Jährige erhielt nur eine Duldung. Im Remlingen lebe sie in unzumutbaren Verhältnissen, berichten Freunde: In der Wohnung gebe es massive Probleme mit Schimmel. Gleichwohl sei die Familie „bestmöglich integriert“, so Parlitz: Die Kinder könnten teilweise schon auf Realschulniveau unterrichtet werden. Die Mutter selbst ist Analphabetin, bekomme aber in der Remlinger Schule ehrenamtlich Deutschstunden und engagiere sich ihrerseits beim Hauswirtschafts- und Nähunterricht.

Heute läuft die Duldung der Familie aus, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat die Rückführung nach Schweden angeordnet. Die Lage sei eindeutig, sagt die Sprecherin des Landkreises, Kornelia Vogt, auch wenn dies unter humanitären Gesichtspunkten zu bedauern sei: Geltendem EU-Recht zufolge müsse die Familie dorthin zurückreisen, wo sie den ersten Asylantrag gestellt hat. Schweden gelte als sicheres Drittland. Der Kreis habe die „Anordnung auf Rücküberstellung zu vollziehen“. Auch Innenministerium und Härtefallkommission verweisen auf das EU-Recht.  RP