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Archiv-Artikel

Trauerspiel am Stadtrand im Südosten

FLUGHAFEN MIT LÄRMSCHUTZ

Jeder kocht sein eigenes Süppchen, und am Ende schmeckt die trübe Brühe niemandem – falls sie überhaupt fertig wird. Wer noch nicht ahnte, dass dieses Bild haargenau auf den Bau des Berlin-Brandenburgischen Flughafens zutrifft, den dürfte diese Woche eines Besseren belehrt haben. Immerhin sah sich Klaus Wowereit (SPD), Berlins Regierender Bürgermeister, am Freitag genötigt, sich demonstrativ vor den Flughafengeschäftsführer Hartmut Mehdorn zu stellen: „Herr Mehdorn hat unser Vertrauen. Und er ackert mit allen Kräften, dass tatsächlich dieses Projekt zum Erfolg geführt wird“, sagte Wowereit nach einem Krisentreffen von Vertretern der Flughafeneigner. Die Flughafeneigentümer – Berlin, Brandenburg und der Bund – sind sich nämlich ganz und gar nicht grün, weder was den Bau noch was die Betriebszeiten angeht. Mehdorn, der umstrittene Manager mit dem Machernimbus, sitzt dabei zwischen den Stühlen. Vor allem Brandenburg, so scheint es, hat derzeit kein Interesse an tatsächlichen Fortschritten des wichtigsten Infrastrukturprojekts Ostdeutschlands. Im September wird nämlich in Potsdam ein neuer Landtag gewählt – da möchte die rot-rote Regierungskoalition natürlich gut abschneiden und sich keinen Ärger mit Flughafenanwohnern einhandeln. Auch wenn sich dadurch das Gesamtprojekt weiter verzögert und verteuert. Glauben SPD und Linkspartei in Potsdam eigentlich, dass das Wahlvolk nur aus Flughafengegnern oder -anrainern besteht?

Mehdorns Plan, am 1. Juli mit der notwendigen Sanierung der nördlichen Start-und-Lande-Bahn zu beginnen, hätte jedenfalls Ärger mit lärmgeplagten Anwohnern während des Wahlkampfs eingebracht, da Flüge umgeleitet worden wären. Wegen neuer Lärmschutzauflagen brandenburgischer Behörden wird dieses Vorhaben nun auf März 2015 verschoben. Zu diesen Schallschutzauflagen bemerkte Mehdorn süffisant: „Wir gingen davon aus, dass dies nur für den Vollbetrieb des Flughafens gilt. Und nicht, wenn die Südbahn mal fünf Monate so tut, als wäre sie Nordbahn.“ RICHARD ROTHER