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Archiv-Artikel

„Italien rettet Europas Glaubwürdigkeit“

EU-Außenminister beraten heute in Brüssel über UN-Truppe für den Libanon. Doch außer Italien zeigen sich die Staaten bei der Bereitstellung von Soldaten sehr zurückhaltend. Und auch Europaparlamentarier fordern von der UNO klarere Einsatzregeln

AUS BRÜSSEL DANIELA WEINGÄRTNER

Nach Tagen hektischer Reisediplomatie zwischen den Hauptstädten treffen sich die EU-Außenminister heute in Brüssel mit UN-Generalsekretär Kofi Annan. Dabei wird es vor allem um die Einsatzregeln für die Libanon-Schutztruppe Unifil gehen. Bei einem Besuch in Berlin hatte der amtierende finnische Ratsvorsitzende Erkki Tuomioja gestern gesagt, ein Voraustrupp von EU-Soldaten solle bereits nächste Woche entsandt werden.

Zuvor hatte Frankreichs Außenminister Philippe Douste-Blazy erklärt, das UN-Mandat sei zu schwach, und das Angebot zurückgezogen, den Einsatz im Libanon zu führen. Diese Führung möchte nun Italien, das 3.000 Soldaten anbietet, übernehmen. Der deutsche EU-Abgeordnete Karl von Wogau (CDU) bedauerte gegenüber der taz den französischen Rückzieher. Paris verfüge in der Region über mehr Erfahrung als Italien. Allerdings sei auch das Hauptquartier in Rom technisch in der Lage, multinationale Einsätze zu koordinieren.

Auch von Wogau ist der Ansicht, dass die von der UNO skizzierten Einsatzregeln nicht ausreichend seien. „Deshalb wurde die französische Regierung von ihrem Generalstab zurückgepfiffen. Ich erwarte ein klares Wort von Kofi Annan – oder einen neuen Formulierungsvorschlag des Sicherheitsrates“, sagte von Wogau. Die bislang aus New York bekannt gewordenen Rahmenbedingungen betonen den „überwiegend defensiven Charakter“ der Mission. Nach den Worten von Annans Stellvertreter Mark Malloch Brown sollen die zusätzlichen Unifil-Soldaten „robust, aber nicht offensiv“ vorgehen. Waffen dürfen nur zur Selbstverteidigung oder zur Sicherung der Waffenruhe im Grenzgebiet zu Israel eingesetzt werden. „Die Truppen wissen nicht, was sie tun dürfen“, kritisierte von Wogau. „Wenn einer ihrer Soldaten entführt wird, dürfen sie ihn mit Waffengewalt rausholen oder nicht?“

Der sozialdemokratische EU-Abgeordnete Jo Leinen bedauerte, dass die Europäer in der aktuellen Libanonkrise außenpolitisch wieder nicht zusammenstünden. „Italiens Außenminister d’Alema hat mit seinem Angebot die Glaubwürdigkeit Europas gerettet“, sagte Leinen der taz. Nun müssten die anderen Länder deutlich machen, dass sie Italien nicht allein ließen. „Vor drei Jahren hat die EU großspurig eine Nachbarschaftspolitik beschlossen, zu der auch der Libanon gehört. Dieser Einsatz ist europäische Nachbarschaftspolitik.“

Annan wird heute in Brüssel noch einmal daran erinnern, dass er die bisher nur 1.900 Mann zählende UN-Truppe Unifil auf 15.000 Soldaten aufstocken möchte. Außer Italien halten sich bislang die EU-Staaten wegen der unklaren Einsatzregeln für die Truppe und wegen unklarer militärischer Bedingungen in der Region zurück. Der französische Staatspräsident Jacques Chirac wollte allerdings am Donnerstagabend in einer Fernsehansprache erklären, „welche französischen Aktionen er zur Sicherung des Friedens im Libanon beschlossen hat“, wie ein Sprecher mitteilte. Le Monde spekulierte, dass dabei bis zu 2.000 französische Soldaten zugesagt werden könnten.

Heute Nachmittag reist Annan von Brüssel aus weiter nach Israel, Libanon, Syrien und Iran. Von Israel will er die Aufhebung der Seeblockade fordern, die auch Frankreichs Außenminister nach einem Treffen mit seiner israelischen Kollegin Zipi Liwni verlangt hatte. Douste-Blazy forderte außerdem, die Hisbollah zügig zu entwaffnen. Das Bundeskabinett will nächste Woche entscheiden, welchen Beitrag es zur Unifil-Truppe leisten kann.