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Archiv-Artikel

Solarenergie wird zur globalen Industrie

Die Börse entdeckt Energie aus Sonnenkraft als lukrativen Wachstumsmarkt. Bislang profitieren deutsche Firmen

BERLIN taz ■ Die Meldungen erinnern an den Börsen-Hype der New Economy: Deutsche Solarfirmen verkünden Rekordgewinne und traumhafte Wachstumsaussichten. Firmen wie Q-Cells, Conergy und ErSol haben im ersten Halbjahr ihre Gewinne vervielfacht und auch bei den Umsätzen gut zugelegt. Doch im Gegensatz zur geplatzten Internet-Blase vor fünf Jahren glauben Analysten, dass der Erfolg der Solar-Branche von Dauer sein wird – denn er stützt sich auf harte ökonomische Fakten: „Solarunternehmen erzielen bereits Gewinne“, sagt Waïs Samadzada, Analyst bei SES Research in Hamburg. Solarenergie habe sich von einer Nische für ökologisch orientierte Anleger zu einem breiten Trend entwickelt.

Langfristig gute Aussichten werden der Branche auch in Studien bescheinigt. Die Vorhersagen liegen im zweistelligen Prozentbereich. So geht die Schweizer Sarasin Bank bis 2010 von einer jährlichen globalen Wachstumsrate von 25 bis 30 Prozent aus. Die Analysten von Photon Consulting halten sogar 44 Prozent für möglich. „Ein Ende ist nicht abzusehen“, so Patrick Hummel, Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg.

Getrieben wird der Solarboom vor allem von der schnell wachsenden weltweiten Nachfrage. Neben den großen Märkten Deutschland, Japan und den USA legen immer mehr Länder wie Spanien, China, Indien und Thailand Solarförderprogramme auf. Deutsche Hersteller von Solaranlagen sind für den Wettbewerb gut gerüstet, denn die staatliche Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) hat seit dem Jahr 2000 in Deutschland einen beispiellosen Boom ausgelöst. Seitdem konnte die deutsche Solarbranche ihren Umsatz nahezu verzehnfachen – für 2005 auf 3,7 Milliarden Euro. 43.000 Menschen arbeiten hierzulande in der Branche.

Allerdings zeichnet sich angesichts der glänzenden Erträge ab, dass die staatlichen Zuschüsse für das nächste Jahr sinken könnten. „Der Erfolg vieler Solarfirmen basiert stark auf der staatlichen Förderung“, sagt Samadzada. Heute erhalten Erzeuger von Solarstrom im Durchschnitt etwa 47 Cent pro Kilowattstunde als Grundvergütung. 2007 stehen die garantierten Zuschüsse auf dem Prüfstand.

Zugleich müssen sich deutsche Solar-Firmen umorientieren. Zwar ist Deutschland mit über 1.500 Megawatt installierter Photovoltaik-Kapazität noch größter Solarmarkt der Welt. Doch sein Anteil am Weltmarkt könnte von heute 43 Prozent auf nur noch 6 Prozent im Jahr 2020 schrumpfen, so die Sarasin Bank. „Für deutsche Solarunternehmen heißt das: Weg von der Konzentration auf den deutschen Markt und die Exportquote erhöhen“, sagt Matthias Fawer-Wasser, Nachhaltigkeitsanalyst der Bank. Dabei sei der Markt in Deutschland keineswegs erschöpft: „Die Energiekonzerne könnten viel mehr bewegen. Aber auch bei erneuerbaren Energien verhalten sie sich extrem träge.“

Das Wachstum ist nötig, denn vor allem Hersteller von Solarmodulen, die am Ende der Wertschöpfungskette sitzen, müssen um ihre Margen fürchten. Das Gegenteil gilt für die Produzenten der Ausgangsstoffe. Mit Solarsilizium lassen sich derzeit bis zu 53 Prozent Gewinn erzielen. Bis zu 300 Euro pro Kilogramm kostet es auf dem Spotmarkt – so viel wie Silber. Erst ab 2008 werden neue Fabriken für Solarsilizium die Nachfrage entspannen. Von dem Boom wird deshalb nicht die gesamte Solarindustrie profitieren. „Für kleine Firmen, die Solarsilizium am Spotmarkt einkaufen müssen, wird es kritisch“, sagt Analyst Matthias Fawer. Und auch Hummel prophezeit: „Viele Solarfirmen werden langfristig auf der Strecke bleiben.“ TARIK AHMIA