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Archiv-Artikel

Die Gasag in die Schranken gewiesen

ENERGIE Das Verfassungsgericht stärkt die Rechte von Verbrauchern im Kampf gegen hohe Gaspreise. Zahlen will die Gasag trotzdem nicht

„Das Unternehmen sollte sich nun bewegen und allen betroffenen Kunden die Beträge erstatten“

PETER LISCHKE, VERBRAUCHERZENTRALE

Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechte von Gaskunden gestärkt. In einer am Dienstag veröffentlichten Entscheidung wies es die Beschwerde der Gasag gegen ein Urteil des Bundesgerichtshofs ab. Darin hatte das Gericht eine Klausel für unzulässig erklärt, die es dem Unternehmen ermöglichte, steigende Gaspreise mit Verweis auf den Ölpreis an die Kunden weiterzugeben.

Auslöser für das Urteil waren zwei Preiserhöhungen der Gasag um jeweils 0,5 Cent pro Kilowattstunde in Sondertarifen in den Jahren 2005 und 2006. Mehrere Kunden zogen damals mit Unterstützung der Verbraucherzentrale Berlin gegen die Preissteigerungen vor Gericht. Der Bundesgerichtshof (BGH) kippte schließlich eine Klausel aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). „Der Gaspreis folgt den an den internationalen Märkten notierten Ölpreisen“, hieß es dort. Daher dürfe der Preis für die Kunden auch „während der laufenden Vertragsbeziehung an die geänderten Gasbezugskosten“ des Unternehmens angepasst werden.

Die Klausel stelle für die Kunden eine „unangemessene Benachteiligung“ dar, urteilte der BGH. Denn beispielsweise könne der Versorger den Preis für den Kunden auch dann erhöhen, wenn zwar der Ölpreis gestiegen ist, andere Kosten aber gesunken sind und es letztlich nicht notwendig sei, dem Kunden mehr in Rechnung zu stellen. Das Bundesverfassungsgericht stellte sich mit dem Abweisen der Verfassungsbeschwerde nun hinter den BGH. Das Grundrecht auf freie Berufsausübung, auf das sich die Gasag berufen hatte, sahen die Verfassungsrichter nicht verletzt.

Nach Angaben der Verbraucherzentrale waren damals 300.000 bis 350.000 Kunden von der Preiserhöhung betroffen. Knapp 1.000 von ihnen haben laut Gasag nach der Entscheidung des BGH geklagt. Teilweise wollten sie unter Vorbehalt gezahltes Geld zurück, teilweise die Bestätigung eines Gerichts, dass sie einbehaltene Beträge zu Recht nicht gezahlt haben. Ansprüche von Kunden, die nicht geklagt haben, dürften zum großen Teil verjährt sein.

Nach der aktuellen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verlangt Peter Lischke, Geschäftsführer der Berliner Verbraucherzentrale, dass die Gasag nun auch auf jene Kunden zugeht, die nicht gegen die Preiserhöhung vorgegangen sind. „Das Unternehmen sollte sich bewegen und allen betroffenen Kunden die Beträge erstatten“, fordert er. Zumindest müsse es ein Vergleichsangebot geben.

Die Gasag lehnt das ab. „Wir sind der Meinung, dass die Preiserhöhung angemessen war und es bei der beanstandeten Klausel nur um eine formale Geschichte geht“, sagt ein Sprecher des Unternehmens. Für die Kunden, die sich nicht gegen die Preiserhöhung gewehrt haben, gibt es also kein Geld. Und alle anderen müssen auf die Entscheidungen der Gerichte warten. Derzeit zählt die Verbraucherzentrale ein gutes Dutzend laufender Verfahren.

Über das aktuelle Urteil hinaus fordern die Verbraucherschützer eine größere Transparenz in der Preispolitik von Gasversorgern. Die Unternehmen müssten den Kunden genauer erklären, wie ein Preis zustande kommt. SVENJA BERGT