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: Der biedere Nazi von nebenan

Schon vor der Landtagswahl 2004 war sein Name der bekannteste der rechtsextremen Szene in Sachsen. Dafür sorgte vor allem eine Hausmacht, die Uwe Leichsenring in der kleinen Elbgemeinde Königstein und in der umgebenden Sächsischen Schweiz aufgebaut hatte. Der Fahrlehrer kam nicht nur unter die Leute, er konnte sie mit umgänglichem und jovialem Auftreten auch für die Nationalisten gewinnen. 21,1 Prozent holte er bei der letzten Stadtratswahl in Königstein 2004.

Gestern kam der 39-jährige Fahrlehrer bei einem Autounfall ums Leben. Leichsenring stieß bei einem Überholmanöver auf der Bundesstraße von Königstein nach Pirna mit einen entgegenkommenden Lastwagen zusammen. Sein eigener Wagen wurde durch die Wucht des Aufpralls in zwei Teile zerrissen, der Lastwagen kippte um und fing Feuer. Der Fahrer wurde mit einem Rettungshubschrauber ins Krankenhaus gebracht.

Leichsenring galt wegen seines biederen Auftretens als eine Art netter Nazi von nebenan bei Antifaschisten und bei den von ihm beschimpften „Altparteien“ als besonders gefährlich. Geschickt kümmerte er sich in Stadtrat und Kreistag um Alltagssorgen der Bürger oder um desolate Jugendklubs, propagierte „Zucht und Ordnung“. Hinzu traten Intelligenz und eine Eloquenz, die sich insbesondere nach dem Einzug der NPD in den Sächsischen Landtag 2004 zeigte. Aus der Perspektive seiner Nazipartei war er der ideale parlamentarische Geschäftsführer. Um schlagfertige Antworten war er nie verlegen. Zur Wahl des Ministerpräsidenten vor zwei Jahren schickte ihn seine Fraktion als Kandidaten gegen Amtsinhaber Georg Milbradt (CDU) ins Rennen. Andererseits unterhielt Leichsenring nachweislich beste Verbindungen zur paramilitärischen Schlägertruppe „Skinheads Sächsische Schweiz“, auch nach deren Verbot. Die Staatsanwaltschaft bereitete deshalb ein Ermittlungsverfahren gegen den Landtagsabgeordneten vor.

Welcher Gesinnung Leichsenring tatsächlich war, blitzte gelegentlich eiskalt auch in Parlamentsreden auf. Dann geriet beispielsweise das Hitlerregime zu einer „Wohlfühldiktatur mit 95 Prozent Zustimmung“. Für einen Eklat sorgte er erst im Mai dieses Jahres. Unter unmissverständlicher Anspielung auf die Auschwitz-Transporte äußerte er, man wünsche auch linken Gewalttätern gelegentlich den Abtransport in Sonderzügen. Landtagspräsident Erich Iltgen (CDU) schloss ihn daraufhin von drei weiteren Sitzungstagen aus. Leichsenrings Klage gegen diesen Verweis hätte der Sächsische Verfassungsgerichtshof am heutigen Donnerstag verhandeln sollen. MICHAEL BARTSCH