piwik no script img

Archiv-Artikel

Frauenbilder in Rosarot

Die Amsterdamer Choreografin Maggie Boogaart will auf Unrecht gegenüber Frauen aufmerksam machen. Auf der Kölner Bühne der Kulturen hatte ihr Stück „It‘s My Right“ nun Deutschlandpremiere

VON JULIA GROTH

„I am a woman, created to serve and to be served“, verkündet eine Frauenstimme aus einem Lautsprecher wenn Maggie Boogaart die Bühne betritt. Sie ist in rotes Licht getaucht und beginnt, langsam ihr dünnes rosa Jäckchen auszuziehen und das Haar zu lösen. Der rote Wickelrock lässt ein Bein frei. Was wie der Anfang einer Stripshow aussieht, ist jugendfreies Tanztheater. „It‘s My Right“ heißt das Stück, das die Kölner Bühne der Kulturen am Wochenende gezeigt hat. „Es ist ein interkulturelles Stück über Frauenrechte“, sagt die Geschäftsführerin der Spielstätte, Lale Konuk. Damit passe es sehr gut ins Konzept. Die Bühne ist in NRW besser bekannt unter dem Namen ihres wichtigsten Ensembles, dem Arkadas-Theater. Sie arbeitet bereits seit zwanzig Jahren mit Migranten zusammen und legt beim Programm Wert auf kulturelle Vielfalt. Doch das Theater kämpft seit Jahren mit finanziellen Problemen. Theater-Gruppen, die dort auftreten, können nämlich weder viel Miete zahlen, noch hohe Eintrittspreise verlangen.

Boogaart hat für „It‘s My Right“ 26 Frauen in holländischen Asylantenheimen befragt. Zu deren Leben und ihren aktuellen Wünschen. Aus den zusammengeschnittenen Antworten ist eine bisweilen beeindruckende Bühnen-Collage entstanden. Vor dieser Sprach-Kulisse vollführt die Künstlerin als einzige Protagonistin ihren modernen Ausdruckstanz. Eine der Frauen erzählt zornig, wie ihr Mann sie und ihren Sohn misshandelt hat. Diese Szene gehört zu den stärksten der Vorstellung. Die Künstlerin stampft auf den Boden, schüttelt ihre Haare, ballt die Faust und liegt zuletzt doch zusammengekrümmt auf den Brettern. Wie ein lebendes Bild untermalt sie die Worte der Frau und verhilft ihnen zu größerer Eindringlichkeit. Wenn die Interview-Stimmen sich aber überlagern oder stark verzerrt sind, oder einfach schweigen und von Cellospiel abgelöst werden, verliert die Performance von ihrem ursprünglichen Reiz.

Mit einer weißen Stoffbahn inszeniert sich Boogaart mal als Madonna, mal als Frau mit Burka. Dass sie sich am Ende des Stücks in den Stoff wickelt, auf den die Gesichter der befragten Frauen projiziert werden, ist exemplarisch für weite Teile der Aufführung. Immer versucht sie, alle Frauen auf einmal darzustellen und so zu einer Art Prototyp zu werden. Bei der Darstellung bleibt es, von irgendwie gearteter Kritik oder gar einer Ermunterung zu mehr Emanzipation hält die Künstlerin offenbar nichts. „Ich will, dass wenigstens eine Person nach der Aufführung darüber nachdenkt, wie Frauen in anderen Ländern leben“, sagt die Choreografin.

Dass Frauen in vielen Ländern andere Lebensumstände haben als ihre Geschlechtsgenossinnen in Mitteleuropa, ist nicht neu. Die Zeiten, in denen Nachrichten über verheiratete Frauen, die fürs Fremdgehen gesteinigt werden, für ungläubiges Erstaunen sorgten, sind längst vorbei. Falls es sie überhaupt jemals gab. Weil Boogaart aber in erster Linie für Toleranz gegenüber anderen Kulturen werben will, verfehlt „It‘s My Right“ leider weitestgehend den selbst gesetzten Anspruch, ein Stück zu sein, das auf mangelnde Frauenrechte aufmerksam macht. Was bleibt, ist die Dualität zwischen einer hübsch anzusehende Tanzaufführung und der spannenden Sammlung von Interviews. Beides zu Tanztheater zu verschmelzen, wäre eigentlich nicht nötig gewesen.

Für die Bühne der Kulturen hat mit „It‘s My Right“ möglicherweise die letzte Spielzeit begonnen. Die kommunale Förderung durch die Stadt Köln, die auf vier Jahre angelegt war, ist seit Ende August eingestellt. „Bis Ende des Jahres ist die Miete aber noch gesichert“, sagt Lale Konuk. Was danach kommt, wisse im Moment niemand. Derzeit bewirbt sich das Theater mit einem neuen Konzept um den städtischen Förderpreis „Ort des Kulturdialogs“, der aber erst ab Mai 2007 vergeben wird. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt nach wie vor auf Bühnen-Produktionen mit interkulturellem Zusammenhang. Passend zu den Fördertöpfen des Landes soll auch die Kinder- und Jugendarbeit mit Migranten verstärkt werden.

www.arkadastheater.de