: Zu milde gegen Weser Report
Betr.: „Treiben im Unterholz“, taz bremen vom 15.08.2006
Ich bin überrascht und enttäuscht, wie milde die taz den Artikel des Weser-Reports aufgreift. Wer auf der Titelseite Sätze ins Spiel bringt wie „Viele Badegäste trauen sich nicht mehr ins Wasser“ und von „gewaltigen, beängstigenden Strukturen“ spricht, hat ja wohl anderes im Sinn, als darauf aufmerksam zu machen, dass der Rastplatz bei schönem Wetter nicht mehr als Rastplatz zu benutzen ist und – wie an allen anderen Badestellen in Bremen auch – Müll herumliegt. Probleme, die ja wirklich auf lokaler Ebene lösbar sein sollten. Ich kenne dieses Gebiet seit 15 Jahren und hatte nie das Gefühl, dass irgendein öffentliches Interesse an der Erschließung dieser Wildnis für die Öffentlichkeit besteht. Nun wird eine Joggerin Melanie M. kreiert, die in dem unwegsamen, hügeligen Gelände wohl eher über Baumwurzeln, Dornenzweige und Schlammlöcher stolpern dürfte, als über kopulierende Männer. Eine Gruppe, die sich fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit weit ab vom allgemeinen Badebetrieb zurückgezogen hat (nicht nur für Sex, sondern auch zum baden, sonnen, lesen, quatschen, spazierengehen), wird vom Weser-Report doch tatsächlich als „intolerant“ bezeichnet. Weil auf einmal Interesse an Pfaden bestehen soll, die es ohne die Szene dort gar nicht geben würde? Um das Sommerloch zu stopfen? Um ein neues Ausflugsziel fürs pöbelnde und gaffende Volk zu schaffen? Es wurde mit Genuss ein Kieselstein ins Rollen gebracht, in der Hoffnung, eine Lawine auszulösen, um andere in Zugzwang zu setzen. Denn wo laut Weser-Report „die Polizei machtlos ist“ sind jetzt ja wohl andere Kräfte aufgefordert, für Ordnung zu sorgen. GEORG MOECK, Bremen