: Das Sylt-Bier
PROST Champagner-Bier ist in Deutschland selten geworden. In Flensburg wird es für 20 Euro die Flasche verkauft – der Hopfen kommt aus der Nähe von Keitum auf Sylt
AUS FLENSBURG KATHARINA HECKENDORF
Das Gebräu in der großen verkorkten Champagner-Flasche polarisiert. In einschlägigen Blogs zum Thema nennen es die einen ein „stinknormales Bier“, die anderen schwärmen von dem „feinperligen“, „malzigen“ Geschmack. Im Gegensatz zum normalen Bier wird Champagner-Bier nicht mit Bierhefe hergestellt, sondern mit Champagnerhefe.
Hergestellt wird dieses Bier mit dem Namen „Sylter Hopfen“ von einer Brauerei in Flensburg. Das besondere daran ist, dass Hopfen von der Insel Sylt verwendet wird. Bei einem Preis von 20 Euro pro 0,7-Liter-Flasche wird klar: Das ist nichts für jeden.
Der Geschäftsführer des kleinen Unternehmens ist Thomas Kipka. Tief in seinem Ledersessel versunken, schaut er aus dem Fenster seines Büros und hat die Hände hinter dem Kopf verschränkt. Kein Schild, nichts weist darauf hin, dass in diesem Hinterhof im Flensburger Brauereiweg ein Edelbier hergestellt wird.
Diplom-Braumeister Kipka gründete das Unternehmen 2008 mit seinem Freund Jens Boysen. Er sei der Brauer, Boysen hatte das Land, erklärt der 40-Jährige mit dem Dreitagebart. Er trägt einen dicken schwarzen Wollpulli, so einen, wie es ihn auch bei der Bundeswehr gibt. Anstatt einer Deutschlandflagge ist in goldenem Garn das Logo „Sylter Hopfen“ auf die Brust gestickt.
Zur Herstellung des Biers reisen die Zutaten durch Deutschland: Nachdem der Hopfen im Herbst auf Sylt geerntet wurde, wird er getrocknet und in Bayern zu Pulver verarbeitet – so hält er sich länger. Mit diesem Pulver stellt dann eine andere Brauerei in Norddeutschland ein Grundbier her, das in Flensburg bei Kipka „veredelt“ wird. Bierwürze, Champagnerhefe und Grundbier werden gemischt und müssen vier Wochen gären.
Ist der Innendruck in den Flaschen groß genug, weiß Kipka: Jetzt kann das Rütteln beginnen. In einer Apparatur, die 250 Flaschen aufnimmt, wird die Lage der Flaschen solange verändert, bis sich die Hefe im Flaschenhals abgesetzt hat. Dann wird die Hefe entfernt. Wie beim Champagner heißt dieser Prozess „Degorgieren“. Über sieben Promille hat das Bier dann. Jedes Etikett wird per Hand geklebt und mit einer Nummer versehen.
Vier Jahre haben Kipka und Boysen rumgetüftelt, sind nach England gefahren, um Hopfenpflanzen zu finden, die dem rauen Sylter Klima standhalten können. Auf 1.000 Quadratmetern wird in Keitum der Hopfen angebaut: 14.000 Liter Bier ergibt das, also 20.000 Flaschen. Während der Erntezeit ist der Drei-Mann Betrieb auf Erntehelfer angewiesen. In diesem Jahr war Whisky, Kipkas Hund, auch dabei. Jetzt liegt der Berner Sennhund vor dem künstlichen Kamin in Kipkas Büro und ruht sich aus.
Auch andere Brauereien sind schon auf die Idee gekommen Champagner-Bier herzustellen: Die Hannoversche „Gilde Brauerei“ hatte das Champagner-Bier „Wilkenburger Royal“ auf dem Markt. Die Produktion wurde eingestellt.
Dass sie keine Standard-Brauerei sind, weiß Kipka und vergleicht sein Bier mit einem Porsche, von dem die Kritiker auch sagen würden, mehr als fahren könne man damit nicht. „Wir produzieren unser Bier für Genießer, die gute Dinge zu schätzen wissen“, sagt er. Ein einfacher Kundenstamm sei dies nicht. Aber ein lohnenswerter.