piwik no script img

Archiv-Artikel

Mängelliste noch geheim

Umweltschützer fordern Veröffentlichung aller Mängel beim AKW Brunsbüttel. Umweltminister verweist auf rechtliche Probleme einer Laufzeitverlängerung

Von RENI

BERLIN taz ■ Schon wieder Brunsbüttel: Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hat gestern auf mögliche rechtliche Hürden einer geplanten Laufzeitverlängerung des AKW hingewiesen. „Rein theoretisch“ sei eine solche Übertragung möglich, erklärte Gabriel-Sprecher Michael Schroeren gestern. „Von einem jüngeren Kraftwerk Strommengen auf ein älteres zu übertragen, wäre aber genehmigungspflichtig.“ Für den umgekehrten Fall gelte das nicht.

Vattenfall-Vorstand Reinhardt Hassa hatte am Wochenende erklärt, Strommengen von anderen Vattenfall-AKWs auf Brunsbüttel übertragen zu wollen. Dadurch würde das laut Atomkonsens 2009 vom Netz gehende AKW länger laufen können. Tatsächlich verstrickte sich Brunsbüttel-Betreiber Vattenfall aber weiter in Widersprüche. „Die Anlage ist nach einer Wasserstoffexplosion im Jahr 2001 repariert und saniert worden. Sie läuft seither unbeanstandet“, erklärte Hassa der Frankfurter Rundschau. Stimmt nicht: 2004 musste Brunsbüttel abgeschaltet werden, weil ein Kabelbrand die Stromversorgung des AKWs geschädigt hatte. Der Störfall war auf der offiziellen Skala als „Stufe 1“ eingestuft worden.

Für die Deutsche Umwelthilfe ist das ein weiterer Beleg für die Unzuverlässigkeit des Betreibers. Und ein neuerlicher kam gestern dazu: Vattenfall erklärte, dass es für Brunsbüttel nicht 260 Nachrüstforderungen gäbe, sondern „heute höchstens 40, und daran wird gearbeitet. Eine ganz normale Sache.“ Am 28. März hatte aber das Gesundheitsministerium – in Schleswig-Holstein atomrechtliche Genehmigungsbehörde – unter dem Aktenzeichen 16/678 eine kleine Anfrage der Grünen ganz anders beantwortet. Demnach gibt es 650 offene Sicherheits-Punkte. „Die Reaktorsicherheitsbehörde bewertet derzeit, wie diese offenen Punkte zu klassifizieren sind und welche Konsequenzen ggf. zu ziehen sind (z. B. … Schließen von Nachweislücken, Umsetzung sicherheitstechnischer Verbesserungsmaßnahmen …)“.

Die Deutsche Umwelthilfe forderte gestern deshalb dringend, die Liste der Sicherheitsmängel zu veröffentlichen. Nur in Kenntnis dieser könnten Vattenfall-Aussagen noch bewertet werden. Zwar hatte Gesundheitsministerin Gitta Trauernicht (SPD) zugesagt, die Liste zu veröffentlichen. Rosenkranz: „Seitdem spielt sie aber auf Zeit. Frau Trauernicht hofft, dass sich die Wogen von alleine glätten.“ RENI