: „Der Fall Hummel ist besonders fragwürdig“
INTERESSENKONFLIKT Timo Lange von Lobbycontrol über das Berliner Zentrum für Solarmarktforschung und die Interessenkonflikte seines Gründers Wolfgang Hummel
■ arbeitet seit 2011 für LobbyControl. Er ist Ansprechpartner für die Themenfelder Lobbyregister, Nebentätigkeiten von Abgeordneten und Interessenkonflikte.
INTERVIEW MARTIN REEH
taz: Herr Lange, haben Sie so etwas Seltsames wie das Zentrum für Solarmarktforschung mit seinem Gründer Wolfgang Hummel schon einmal gesehen?
Timo Lange: Der Fall ist schon in besonderem Maße fragwürdig. Es gibt ja offensichtlich einen direkten Bezug zwischen Herrn Hummels Tätigkeit für das Land Berlin und seiner Nebentätigkeit. Er hatte schließlich in öffentlicher Funktion in mindestens einem Fall direkt mit einer Firma aus der Solarbranche zu tun. Ich verstehe daher nicht, warum die Senatsverwaltung die Arbeit Hummels für das Zentrum für Solarmarktforschung genehmigt hat. Natürlich besteht die Gefahr, dass er Wissen und Kontakte, die er über seine Tätigkeit für das Land erlangt, für private wirtschaftliche Zwecke einsetzt und auch einzelnen Unternehmen einen Zugang zu diesen Kenntnissen verschafft.
Hummel kommt aus der CDU. Ist das der Berliner Filz?
Das kann ich nicht beurteilen. Aber sicher ist: Der Fall wirft Fragen auf.
Die Senatsverwaltung für Finanzen weigert sich, Anfragen zu Hummel zu beantworten. Zu Einzelpersonalien sage man nichts, heißt es. Ist das mit der Gesetzeslage vereinbar?
Sich hier schlicht auf den Datenschutz zu berufen, halte ich für problematisch. Es gibt ein klares öffentliches Interesse an den Nebentätigkeiten eines leitenden Mitarbeiters des Landes Berlin, wenn der Anschein einer problematischen Interessenverknüpfung besteht. Aus meiner Sicht muss die Senatsverwaltung daher Auskunft erteilen, warum die Tätigkeit genehmigt wurde und unter welchen Auflagen. Beziehungsweise ob sie überhaupt genehmigt wurde.
Was ist das Zentrum für Solarmarktforschung genau? Ein Forschungsinstitut, wie es selbst behauptet. Oder eine Unternehmensberatung, weil es Aufträge aus der Industrie annimmt. Oder sogar eine Lobbyorganisation, weil sich das Zentrum immer wieder eindeutig gegen die deutsche Solarindustrie positioniert?
■ Die taz berichtete am 17. 3. unter der Überschrift „Der Hochstapler“ erstmals über das Berliner Zentrum für Solarmarktforschung und seinen Gründer Wolfgang Hummel. Der Solarkritiker ist zugleich kommissarischer Referatsleiter in der Finanzverwaltung – und war dort für die gescheiterte Rettung der Solarfirma Solon zuständig.
Das Zentrum erscheint nach außen erst einmal als großes unabhängiges Forschungsinstitut. Genaue Hintergründe über die Kunden oder die Finanzierung sind mir nicht bekannt. Aber wenn man sich die Referenzen auf der Webseite anschaut, wirkt es wie eine Unternehmensberatung. Inwieweit das Zentrum auch Lobbyarbeit betreibt, kann ich nicht beurteilen. Dazu müsste man wissen, ob es einen entsprechenden Auftraggeber gibt.
Brauchen wir andere Transparenzregeln, was die Finanzierung von solchen Instituten betrifft?
Das wäre hilfreich, weil oft undurchsichtig ist, wer welche Forschung finanziert. Für Lobbyarbeit brauchen wir ein verpflichtendes Lobbyregister. In der Wissenschaft ist ebenfalls mehr Transparenz notwendig. Ein Beratungsunternehmen – und das scheint das Zentrum ja zu sein – kann allerdings schwerlich verpflichtet werden, seine Kunden offenzulegen. Das Problem liegt hier aber aus meiner Sicht ohnehin eher in der Verknüpfung von öffentlichen und privaten Interessen in der Person Hummel.